Imposante Magistralen, Boulevards, gigantische Monumente und Plattenbauten. Pjöngjang in einer Wandmalerei im Eingangsbereich der Paektusan Academie of Architecture Pjöngjang.

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Foto: Mak

Wien - Pjöngjang ist eine der meistzerbombten Städte der Welt. Bis auf ein paar historische Überbleibsel blieb nichts stehen. Nach dem Koreakrieg (1950-1953) wurde die nordkoreanische Hauptstadt nach dem Vorbild chinesischer und sowjetischer Städte wiederaufgebaut - mit imposanten Magistralen und Boulevards, mit gigantischen Monumenten, vor allem aber mit einer Unmenge an Plattenbauten für eine Unmenge von Menschen.

"Das Problem an Pjöngjang ist, dass die Stadt nach dem Krieg ursprünglich für zwei Millionen Einwohner konzipiert wurde" , sagt Jong Myong-ho , Oberarchitekt der Architekturakademie Pjöngjang. "Bei dieser Bevölkerungszahl sind wir in der Lage, Wohn- und Lebensqualität aufrechtzuerhalten. Alles, was darüber hinausgeht, stört die Harmonie." Heute zählt Pjöngjang fast 3,3 Millionen Einwohner. Ho Jong: "Wir kennen das Problem. Die Harmonie ist gestört."

Viel mehr ist aus dem Chefarchitekten nicht herauszuholen. Als er und zwei seiner Kollegen, Ok Pak vom Zentralkomitee des Bundes der Architekten Koreas und In So Pak von der Architekturakademie Pjöngjang, im November 2007 von der Galerie Aedes zu einer Vortragsreihe nach Berlin eingeladen werden, hält sich der verbale Output der streng gekleideten Herren in Grenzen. Es ist die erste Bildungsreise nach Deutschland, die offiziellen Architekturorganen der Volksrepublik je genehmigt worden ist. Und sie dient nicht zuletzt der Imagepolitur der Diktatur.

"In keinem Land der Welt entwickelt sich das Bauwesen so schnell wie in Nordkorea" , hatte der 1994 verstorbene Präsident Kim Il-sung in einer bis heute ideologisch maßgebenden Rede "Über die Baukunst" am 21. Mai 1991 festgehalten. Der Glaube ist nach wie vor aufrecht. Immer noch wird Pjöngjang als ein aus den Ruinen erstandenes "Paradies auf Erden" , als ein Gesamtkunstwerk der Moderne erachtet.

Hotel des Verderbens

Einige der herausragendsten Bauten Pjöngjangs sind in der aktuellen Ausstellung Blumen für Kim Il Sung im Mak zu sehen. Zum Beispiel der große Studienpalast des Volkes, das mit einem Fassungsvermögen von 150.000 Zuschauern größte Fußballstadion der Welt oder etwa die 170 Meter hohe Juche-Säule, die als das neue Wahrzeichen der Stadt gilt. Das Propaganda-Monument mit der steilen Flamme an der Spitze ist ein Entwurf des Chefarchitekten höchstpersönlich. "Die wichtigste Aufgabe der Architektur unserer Prägung ist die Würdigung der Taten des Führers" , sagt Jong Myong- ho kurz und bündig.

Nicht immer gereicht der Respekt bis zur Vollendung. Das 1987 begonnene Ryugyong-Hotel, eine dreiseitige Pyramide mit 105 Stockwerken und 330 Metern Höhe, stand jahrelang als halbfertiger Rohbau leer. Mittlerweile wurden die Bauarbeiten am Prestigeprojekt wieder aufgenommen. Bis 2012, zum 100. Geburtstag Kim Il-sungs, soll der Rohbau zumindest eingeglast und äußerlich beendet sein. Ob das "Hotel des Verderbens" - so der inoffizielle Name - jemals den Betrieb aufnehmen wird, ist allerdings fraglich. (Wojciech Czaja, DER STANDARD/Printausgabe, 08.06.2010)