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Lugner und sein Katzi.

Foto: APA/Pressenlehner

Big Brother, wo noch immer unter Laborbedingungen koitiert und diskurriert wird ("Nee, echt, du ..." - "Voll Hammer, äh!?"), ist aus dem Fokus gerutscht. Längst hat in der TV-Unterhaltung ein Gezeitenwechsel stattgefunden. Die Flutung der Kanäle mit Privatmaterial dient kaum noch zur Belustigung einkommensschwacher Sitzfleischriesen.

Hierzulande bleibt es einem wirren Baumeister überlassen, den goldenen Spätherbst seines Liebeslebens im Hauptabendprogramm eines Wiener Privatsenders zu entzünden. Doch das Warhol-Prinzip - "Sei du selbst, sei interessant!" - hat ausgedient: In der gefurchten Miene des Unternehmers dominiert zusehends wächserner Verdruss.

Als Lebensabschnittspartner eines im Brustbereich operierten Rehleins ("Bambi") hat Richard Lugner versagt. Als greisem Mentor eines unartikuliert fauchenden "Katzis" droht ihm jene Inferiorität, die auch durch televisionäre Kardinaltugenden wie Ausdauer und Penetranz nicht ausgeglichen wird. Daher, zur heutigen Ausstrahlung der 100. Ausgabe von Die Lugners auf ATV: Möge auf den verhagelten Spätherbst ein milder, von Energiesparlampen in der Lugner-City erhellter Winter folgen!

Die heutigen Imperatoren des Fernsehgeschäfts sind keine Baumeister, sondern gelernte Fleischhauer. Auf ihren Hackstock kommen Kandidaten, die so fürwitzig sind, den Fleischer in aller Öffentlichkeit ausstechen zu wollen. Solche Dominatoren heißen zum Beispiel Stefan Raab. Sie rutschen gesäßlings auf Bratpfannen durch Eiskanäle oder komponieren Eurovisionscontest-Songs. Sie gewinnen immer. Und entblößen in der Stunde des Triumphs Raubtierzähne. (Ronald Pohl/DER STANDARD; Printausgabe, 7.6.2010)