Ulli Lust: "Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens" (avant-verlag, 464 S., 30,80 Euro).

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Caverfoto: Avant-Verlag

Erlangen - Bei der Max und Moritz-Gala im Rahmen des Comic-Salon Erlangen gingen Freitag Abend zwei Auszeichnungen an österreichische Comic-Künstler: Der Wiener Nicolas Mahler wurde in einer öffentlichen Jury-Sitzung zum besten deutschsprachigen Comic-Künstler gewählt. Den erstmals vergebenen Max und Moritz-Publikumspreis erhielt die in Berlin lebende Wienerin Ulli Lust für ihren außergewöhnlichen Debüt-Band "Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens" (avant-verlag).

"Nach Ansicht der Jury ist Mahler ein Genie, Genies soll man alle Preise hinterherwerfen, die man hat", nannte die gestrige Laudatio nur einen von "sehr vielen Gründen, Nicolas Mahler als besten deutschsprachigen Comic-Künstler auszuzeichnen. "Mahler ist überall. Seit Jahren überzieht er die Comic-Landschaft - und auch die Kunstlandschaft, mit hochwertigen, wunderbaren Büchern und Strips, ein hinreißender ästhetischer Minimalismus und seine ganz eigene Marke von Antidepressiva." Neuerdings habe er sich auch der "grafischen Novelle" zugewandt, "Engelmann" sei "eine höchst überzeugende Erweiterung des Mahleruniversums. Das Buch hat alles: Glamour, Sex, Witz, Intelligenz, es ist vielschichtig und gesellschaftskritisch und - das Beste am Ganzen - es handelt von Superhelden. 'Engelmann' ist, als würde ein sehr guter Singer-Songwriter mit einem Mal ein grandioses Broadway Musical schaffen. Davon wollen wir mehr." Der 1969 geborene Wiener Autor und Zeichner wurde bereits zweimal mit dem Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet, zuletzt 2008 für den besten Comic-Strip ("Flaschko - Der Mann in der Heizdecke").

"Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens" ist ein ungewöhnlicher und mit 464 Seiten auch ungewöhnlich dicker autobiografischer Comic-Roman: Die 1967 geborene Wienerin Ulli Lust, die 1995 nach Berlin zog, wo sie heute als Comiczeichnerin lebt, erzählt darin vom Italien-Trip, zu dem zwei minderjährige Punk-Mädchen im Sommer 1984 ohne Geld, Gepäck und Ausweis aufbrechen. Ihre Erlebnisse zwischen Freiheitsromantik und harter sozialer Realität, anarchischem Beharren auf Selbstbestimmung und bitterer Erfahrung mit festgefahrenen Geschlechterrollen werden ungeschminkt und packend nachgezeichnet. Das im Vorjahr erschienene Debüt wurde euphorisch besprochen. "Eine der eindringlichsten Erzählungen der jüngeren deutschsprachigen Comicgeschichte", nannte etwa der "Falter" das Buch, in der "taz" wurde es als "Politisches Buch des Jahres" empfohlen.

"Ulli Lust schildert diese Initiationsreise mit Distanz, geradezu kühl, ohne Larmoyanz, aber mit einer gesunden Prise schwarzen Humors", so die gestrige Laudatio, "Ihre Erzählweise ist dicht und atemlos und reißt den Leser mühelos mit - bis zum Absturz in Sizilien: Vergewaltigung, harte Drogen, Prostitution, Mafia. Im spannungsvollen Kontrast zur reflektierten Erzählhaltung stehen die fiebrigen Zeichnungen: Scheinbar schnell hingeworfen, schwarz-weiß und mit einem schmutzigen olivgrünen Farbton unterlegt, vermitteln sie den Eindruck größtmöglicher Unmittelbarkeit und Authentizität."

Weitere Preise

Der Preis für den besten Comic-Strip ging an die beiden Bände "Prototyp" und "Archetyp" von Ralf König (Frankfurter Allgemeine Zeitung), bester internationaler Comic wurde "Pinocchio" von Winshluss (avant-verlag), bester deutsche Comic "Alpha. Directions" von Jens Harder (Carlsen Comics).

Der bis Sonntag laufende Erlanger Comic-Salon gilt als das wichtigste Festival für grafische Literatur im deutschsprachigen Raum. Auf der Messe präsentieren rund 130 Verlage, Agenturen, der Handel und Comic-Klassen von Hochschulen ihre Programme. (APA)