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Andreas Schieder, Staatssekretär der SPÖ im Finanzministerium, reagiert verärgert auf den Rundumschlag seines Regierungs-"Zwillings" in der ÖVP, Reinhold Lopatka.

Foto: REUTERS/HEINZ-PETER BADER

Wien - "Das macht schlechte Stimmung. Irgendwann werden uns die Experten davon laufen": Andreas Schieder, Staatssekretär der SPÖ im Finanzministerium, reagiert verärgert auf den Rundumschlag seines Regierungs-"Zwillings" in der ÖVP. Reinhold Lopatka, ebenfalls Staatssekretär, hatte im Standard-Interview die "absolute Reformverweigerung" beklagt - und dafür unter anderem dem Kanzleramt die Schuld gegeben.

"Lopatka gefährdet den gesamten Prozess der Verwaltungsreform", meint Schieder und kritisiert, dass sein Kollege immer vor Sitzungen der Arbeitsgruppen zur Verwaltungsreform - die nächste findet kommenden Mittwoch statt - gezielt vom Leder ziehe: "Ich merke, dass zunehmend Sand ins Getriebe kommt, auch durch diese Profilierungsversuche."

Verteilte Beharrungskräfte

"Man darf nicht Gefahr laufen alles schlecht zu reden", meint Schieder. Dass ausgerechnet das Bundeskanzleramt bremse, sei "völlig falsch". Allerdings ist auch der Staatssekretär "schwer verärgert, dass in manchen Bereichen gar nichts weiter geht" . Als Beispiel nennt er jene Vorbereitungsgruppe, die das Förderwesen durchforsten soll: Dem zuständigen - im ÖVP-Einflussbereich im Finanzministerium angesiedelten - Spitzenbeamten sei es bis dato "nicht gelungen, einen Bericht zu Problemaufriss und Lösungsvorschlägen vorzulegen", so Schieder: "Das ist ärgerlich und hindert uns am Weiterarbeiten."

Und wenn Schieder schon bei den Bremsern ist: Bei der heiß umstrittenen Abschlankung der Schulverwaltung habe bislang vor allem das schwarze Niederösterreich eine "absolute Blockadehaltung" eingenommen. Trotzdem sieht der Staatssekretär auch da einen "großen Schritt voran" und gesteht ein, "dass sich die Beharrungskräfte auf alle Seiten verteilen: auf die Länder, die Ministerien und Beamte, die wollen, dass alles so weitergeht, wie bisher".

Letzteres sieht Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, ganz ähnlich - und fordert einen "nationalen Zukunftspakt" von Bund, Ländern und Sozialpartnern. "Es gibt die Möglichkeit, so weiterzuwursteln wie bisher - dann wird unintelligent gespart, das kostet Arbeitsplätze und dann gibt's kein Geld für die Zukunft" , warnte Aiginger am Freitag im Gespräch mit der Austria Presse Agentur.

Bis zu vier Milliarden könnten durch Reformen eingespart werden, meint Aiginger - durch ein neues Haushaltsrecht der Länder, den Verzicht auf unnötige Projekte wie den Koralmtunnel oder im Spitalsbereich. Außerdem seien höhere Vermögenssteuern, eine Öko-Steuerreform und niedrigere Abgaben auf Arbeit nötig.

Im Gegenzug könnte mehr Geld in Bildung, Wissenschaft und Kinderbetreuung investiert werden. Die von der Regierung geplanten Kürzungen im Schul- und Universitätsbudget hält der von den bisherigen Verwaltungsreformversuchen ernüchterte Aiginger für zu stark: "Ein neues Schulsystem ist mit nominell sinkenden Investitionen nicht erreichbar." Das selbe gelte für die angestrebte Anhebung der Forschungsquote auf 3,7 Prozent des BIPs. Vielmehr wäre hier ein weiterer Anstieg der Ausgaben um fünf Prozent nötig.

Im Herbst sollte der Pakt geschlossen werden, so Aiginger: "Da sind dann auch die wichtigsten Landtagswahlen vorbei." (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.6.2010)