John Glass, ehemals ein bewunderter Journalist, ist bequem geworden. Er hat eine reiche Frau geheiratet und sich von seinen Idealen verabschiedet. Um ihn etwas zu beschäftigen, hat ihm seine Frau ein Büro in einem New Yorker Hochhaus eingerichtet, und der Schwiegervater beauftragt ihn mit dem Schreiben seiner Biografie. Nun hat der Mann keinen ganz unproblematischen Lebenslauf.

Bill Mulholland ist CIA-Agent und Industrieller gewesen; die Chance, dass sich da schwarze Flecken auf der sauberen Weste finden, stehen gut. Glass leidet an Schreibhemmung, will sich die Arbeit leichter machen und heuert einen professionellen Rechercheur an. Der Computerfreak ist recht unsympathisch und wird John noch unsympathischer, als der in einem Telefonat die Hälfte des Buchhonorars verlangt, eine halbe Million Dollar. Am nächsten Tag liegt der Kerl tot in seinem Apartment.

Der letzte Anruf auf dem Handy zeigt die Nummer von John Glass. Benjamin Black alias John Banville entfaltet in diesem meisterlichen Text, der eher wie eine Novelle wirkt, ein giftiges Kammerspiel aus Vertuschen und Lügen. Die Kälte in den Dialogen zwischen den Eheleuten, die Abneigung Johns gegen den Stiefsohn, die mühsam gebändigte Aggression gegen den Familienpatriarchen wirken wie glimmende Zündschnüre. (Ingeborg Sperl, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 05./06.06.2010)