Mattersburg - Gabi Hüller ist - jedenfalls war sie das am Montag - zutiefst enttäuscht. Mit einem Engagement, das seinesgleichen suchte, hatte sie sich ins Zeug gelegt. Ihr Gatte Gerald, der VP-Bürgermeister des kleinen Dorfes Marz im Bezirk Mattersburg, hatte mit viel Verve das "Vorzugsstimmen-Projekt Landtag" gestartet. Und sie stand - geradezu rührend im traditionellen Rollenverständnis - nicht nur hinter ihm. Sondern auch daneben und zuweilen sogar davor. Unermüdlich.
Aber so wie es am Montag aussah - das endgültige Ergebnis wird ja erst am Mittwochnachmittag verkündet - ist Gerald Hüller mit seinem Projekt gescheitert.
1521 Vorzugsstimmen konnte der Marzer Bürgermeister lukrieren. Mehr noch: Er drehte die bei Landtags- und Nationalratswahlen traditionell rote Gemeinde in seine Richtung. Mit einem Plus von 5,5 Prozent war Marz aus ÖVP-Sicht am Sonntag die fünftbeste Gemeinde.
Da gibt es allerdings noch den Bezirks-Konkurrenten Matthias Weghofer, Bürgermeister in Wiesen und quasi Landtags-Urgestein. Er lukrierte mit 1478 Vorzugsstimmen zwar weniger, im Moment scheint es aber so, dass es er sein wird, der über die Landesliste wieder einzieht in den Landtag. Dass er in Wiesen ein Minus eingefahren hat, fällt da offenbar wenig ins Gewicht.
Nicht viel anders ergeht es Hüllers SPÖ-Kollegin aus Hirm, Inge Posch-Gruska, die von 2005 an im Landtag saß. Für sie ist es schon klar, dass sie ihren Sitz an die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon verloren hat. Die Viertgereihte gewann im deutliche größeren Mattersburg 2016 Vorzugsstimmen, Posch-Gruska, die Dritte, kam auf 1848. Damit zieht Salamon auf einem Vorzugsstimmenmandat - das letzte Grundmandat bei mindestens 15 Prozent der eigenen Parteistimmen im Wahlkreis - in den Landtag.
Inge Posch-Gruska, die prononcierte Linke und damit Niessl-Kritikerin, ist so wie Gerald Hüller ein gutes Beispiel für die Realitäten politischen Seins. In der verkürzten öffentlichen Wahrnehmung gelten Politiker als Privilegienritter, die sich's halt richten. Die Wirklichkeit schaut dagegen so aus: abgekämpfte und leergelaufene Menschen, die sich unbedankt verausgabt haben. Gerade in einer dörflich strukturierten Region wie dem Burgenland leben alle Parteien von solchen Läufern.
Abgesehen vom finanziellen Aufwand. Sowohl Posch-Gruska als auch Hüller haben "rund 10.000 Euro" privat in den Wahlkampf gesteckt. Die Parteiführer - Hans Niessl und Franz Steindl - nahmen es gerne an. Der tatsächliche Dank freilich bleibt aus.
Die im Burgenland schmerzhaft gezüchtigten Grünen haben einst diesen Vorgang auf den Begriff gebracht. Dort sprach man, wenn auch in anderem Zusammenhang, von "Basiswapplern" .
Das aber sind jene, von denen "die Politik" lebt. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3. Juni 2010)