Wien - Die Rückgabe "arisierter" Kunstwerke ist nicht Ziel der Stiftung Leopold. Bekenntnisse wie dieses machten im Project Space beim Auftakt der von Kunsthalle Wien und STANDARD veranstalteten Gesprächsreihe Kulturtalk zur Frage "Restitution - Tut Österreich genug?" klar, dass das Thema Restitution noch immer zu den großen Aufregern der österreichischen Kulturpolitik zählt.
Standard-Redakteur Thomas Trenkler, der sich seit zwölf Jahren mit Provenienzforschung beschäftigt und unter anderem den Fall Rothschild recherchiert hat, lud eine hochkarätige Expertenrunde in den Glasquader am Karlsplatz: Eva Blimlinger, stellvertretende Leiterin des Kunstrückgaberates, Sophie Lillie, Autorin und Kunsthistorikerin, Andreas Nödl, Anwalt und Mitglied des Schiedsgerichts im Fall Bloch-Bauer, Margot Werner, Leiterin der Provenienzforschung der Nationalbibliothek, sowie Ingo Zechner, ehemaliger Geschäftsführer des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien.
Im Lauf des Abends wurde klar, welches Streitpotenzial das 1998 mit der Beschlagnahmung von Egon Schieles Bildnis Wally freigelegte Minenfeld noch immer in sich birgt. Allein, dass zwölf Jahre nach dem Beschluss des Kunstrückgabegesetzes noch immer viele Fälle von Raubkunst ungeklärt sind, stößt auf breites Unverständnis. Eva Blimlinger betonte allerdings, dass eine schnellere Recherche historischer Vorgänge mit dem verfügbaren Personal nicht möglich sei.
Kein Konsens
Mit einem Katalog an Kritikpunkten wartete Ingo Zechner auf. Neben der Formulierung des Gesetzes beanstandete er die unterschiedliche Qualität der Forschungsarbeit von Museen und Ländern (eine Institutionalisierung der Provenienzforschung forderten in diesem Zusammenhang auch Eva Blimlinger und Margot Werner), die Besetzung des Kunstrückgaberates sowie das Fehlen klarer Regelungen für die Sammlung Leopold.
Die Erwähnung des Namens Leopold machte nicht nur die Diskussion hitziger, sondern auch die Meldungen aus dem Publikum zahlreicher. Besonders aufhorchen ließ Peter Weinhäupl, kaufmännischer Direktor der Leopold-Museum-Privatstiftung, mit seiner Aussage, wonach die Stiftung nicht restituieren wolle, sondern ausschließlich Vergleiche anstrebe. Auf die Frage der Kostendeckung für diese Vergleichszahlungen antwortete Weinhäupl, dass durchaus der Verkauf anderer Werke in Betracht gezogen werde. Dies sorgte nicht zuletzt deshalb für Aufregung, weil bisher stets die Notwendigkeit einer vollständigen Erhaltung der Sammlung Rudolf Leopolds betont wurde.
Ein Konsens in der Restitutionsfrage scheint mit diesen Statements in weitere Ferne gerückt. Übrig bleibt die vage Hoffnung auf weitere offene Diskussionen als Bedingung für die Rückgabe aller gestohlenen Kulturgüter. (Dorian Waller/DER STANDARD, Printausgabe, 2./3. 6. 2010)