Der Koch und Hotelier in seiner Wohnung am Praterstern: Robert Hollmann liebt die Gemütlichkeit und kombiniert sie mit einer Straßenlaterne über dem Esstisch.

(Foto: Lisi Specht)

Foto: Lisi Specht

Überdesignte Möbel um viel Geld sind ihm ein Gräuel: Robert Hollmann, Betreiber des Wiener Hotels Beletage, liebt das Rohe und Gemütliche, erfuhr Wojciech Czaja.

"Mein Hotel ist direkt in der Wiener Innenstadt in einem wunderbaren Altbau. Früher habe ich im gleichen Haus gewohnt, ein Stockwerk höher. Aber für die psychische Gesundheit ist diese Wohnlösung alles andere als zuträglich. Man kann nie abschalten. Herr Hollmann hier, Herr Hollmann da, und eine kurze Frage nur! Sosehr ich meinen Job liebe, aber ich musste aus dem Haus einfach raus. Örtliche Distanz ist ein Segen für jeden Betrieb!

Heute wohne ich mit meiner Familie am Praterstern. Die Lage ist genial. Ins Hotel sind's zwei U-Bahn-Stationen, und abgesehen davon ist die Infrastruktur in dieser Gegend einfach großartig. Das Beste ist jedoch der kleine Garten. Wo sonst kann man schon in einem Innenbezirk wohnen, in einem erhöhten Erdgeschoß mit einem eigenen Fleckchen Grün vor der Wohnung und einer riesigen Parkanlage davor?

Die Wohnung war in einem furchtbaren Zustand. Die Substanz war feucht, die Wände waren dunkel, und auf dem Boden sind vier verschiedene Fußbodenbeläge gelegen. Wir haben daraufhin im ganzen Haus geräucherte Eiche verlegt. Außerdem bin ich ein Fan von riesigen Wohnküchen. Daher musste die Trennwand zwischen Wohn- und Esszimmer unbedingt raus. Die Wiener Bauordnung ist streng, das Unterfangen mit dem Stahlträger war ein technischer und baulicher Wahnsinn.

Interessant ist auch, wie die Wandfarbe entstanden ist. Da waren ja zehn Tapetenschichten an der Wand! Der Baumeister hat alle Schichten entfernt, hat die Oberfläche gespachtelt und wollte sich schon ans Ausmalen machen. Doch als ich diese vielfarbige Camouflage von hellen Spachteltönen gesehen habe, war mir sofort klar: Stopp, das ist es! Wir haben dann ein paar Farbmuster angelegt und haben die Wände mit einer eierschalenfarbenen, durchsichtigen Firnis versiegeln lassen. Das ist ein Schutzanstrich, der so angenehm matt schimmert. Sieht super aus.

Ich mag das Plüschige! Ich bin ja gelernter Schauspieler, und als Schauspieler hat man einen gewissen Drang zu roten Samtvorhängen. Die geben dem Raum einfach wahnsinnig viel Atmosphäre. In Summe ist die Architektursprache ja ähnlich wie im Hotel. Kein Wunder: Der Architekt ist derselbe. Christian Prasser, mit dem ich schon einige Male zusammengearbeitet habe, kennt mich mittlerweile ganz gut. Er weiß, wie ich gestrickt bin.

Mein Problem ist: Mir g'fallt ja nix! Wenn ich in ein Möbelgeschäft reingehe, will ich sofort umdrehen und auf schnellstem Wege wieder raus. Die meisten Sachen sind von erbärmlicher Qualität und eine absolute Beleidigung fürs menschliche Auge. Es ist eine Katastrophe. Die anderen Sachen wiederum sind überdesignte Schasdinger um 500 Euro, an denen ein bissl Blech dran ist, dafür aber ganz viel Marken- und Designerkult.

Die verkaufen einem designte Lampen für designte Wohnzimmer mit designten Sofas und designten Tellern, auf denen dann auch noch designtes Essen angerichtet werden soll. Und das alles ist zu allem Überdruss auch noch strunzungemütlich. Ich lass mich doch nicht verarschen!

Irgendwo muss es aufhören. Irgendwo muss die Omi wieder her! Down to Earth! Damit man sich endlich wieder zu Hause fühlen kann, damit man einen Ort hat, wo man in der Unterhose durch die Gegend laufen kann. Das nenne ich Gemütlichkeit!

Das Gemütlichste an unserer Wohnung ist übrigens die Küche. Das ist eine schlichte Kochzeile aus Holz und Edelstahl – praktisch und wunderbar! Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass ich hier der Koch im Hause bin. Ich habe mit meiner Frau seit langer Zeit ein Agreement: Ich bin der Kaiser in der Küche, da pfuscht mir niemand rein."

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.5.2010)