Hans Unstern: "Kratz dich raus"

"Mein Leben hangelt sich an Autobahnen entlang/Automobile hasse ich mehr als alles/Werd mir einen Zebrastreifen malen/Wie sie ihrem Ziel entgegen rasen/Wie sich auf der Ueberholspur Penisse jagen", mit diesen Zeilen beginnt das Debütalbum des Berliner Hans Unstern. Der Protegé der österreichischen Band Ja, Panik kann auf "Katz dich raus" jedoch auch von Asphaltkissen und vertrockneter Tinte für ein dickes Buch im Bauch erzählen und möchte mit einer Mathilde im Supermarkt vor dem Salat tanzen. Unstern war als Straßenmusiker in Europa unterwegs, die Geschichten des Albums entstanden auf seiner Reise.

Musikalisch lässt sich Unstern nicht in eine Schublade einordnen. Wie immer kommen dann von der Musikpresse Vergleiche mit Tom Waits und Björk. "Kratz dich raus" lässt Weird Folk anklingen, etwas die Attitüde der Goldenen Zitronen, Free Jazz und Chanson. Seine markant eingesetzte Stimme hat Die Zeit veranlasst, ihn "Radikalchansonnier" zu nennen.

"Zu Hause kochst du dir deine eigene Buchstabensuppe/Wenn dir das Salz fehlt/beweine die Unwoerter auf deinem Loeffel" (Coversong) - dem Musiker ist es mit seinem Debütalbum gelungen seine eigene Buchstabensuppe zu servieren.

(Label: Staatsakt)

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Foto: Staatsakt

Bonnie Prince Billy / The Cairo Gang: "The Wonder Show Of The World"

Will Oldham hat Lust auf Endzeitstimmung. "I believe these are end times. Wouldn't it be best to be together then?" singt er auf dem Siebeneinhalbminüter "That's What Our Love Is" am zehnten Studioalbum The Wonder Show Of The World. Die Platte hat er gemeinsam mit Emmett Kelly unter dem Namen "Bonnie Prince Billy / The Cairo Gang" eingespielt . Der kalifornische Singer-Songwriter und Gitarrist hat ihn bereits bei den Alben The Letting Go und Lie Down In The Light unterstützt.

Tod und Untergang - keine neuen Themen in Oldhams aka Bonnie Prince Billy's Œuvre. "I See A Darkness" heißt sein vielleicht bekanntester Songs, den Johnny Cash im Rahmen seiner Abgesangsreihe "American Recordings" gecovert hat. Zuletzt wirkten Oldhams Alben jedoch leichter, mit luftigeren Arrangements in der Nähe von Country Music und Folk. 

Auf dem neuen Album wird experimentiert: Die gängigen Songstrukturen mit Strophe und Refrain hat der Musiker aus Kentucky auf The Wonder Show fast vollständig aufgelöst. Getragen wird die Platte vom zweistimmigen Gesang der beiden Gitarristen, Percussion und Schlagzeug wird nur sparsam eingesetzt.

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 (Label: Domino)

 

Foto: Domino Records

Tone: Small Army of the Sea

Als würden die leibhaftigen CocoRosies vor einem Stehen: Das Debütalbum "Small Arm Of Sea" von Tone changiert zwischen Break Beats, Indietronic, Weird Folk und setzt Frauenstimmen ein (am liebsten übereinander geschichtet), die von gepresstem Krächzen bis zum lieblichen Sirenengesang alle Register ziehen können. Die Musikerin untermalt ihre Songs unter anderem mit Harfe, Mundharmonika, Rassel, Handorgel und Kontrabass, an einigen Stellen kann man ein Xylophon entdecken.

Hinter "Tone" steckt die Dänin Sofie Nielsen. Bei der Vermarktung geht sie einen Weg, den auch schon renommierte Bands wie Radiohead gewählt haben: Sie bietet ihre Musik kostenlos als Download an. Live arbeitet sie mit dem Videokünstler Kristian Ravn Ellestad, auch diese Clip der Auftritte können auf der Website ihres Labels PonyRec runtergelanden werden.

Link und Download

 (Label: Hoanzl)

Foto: Hoanzl

Lightspeed Champion: "Life is sweet! Nice to meet you."

Bislang legte Devonté Hynes eine Bilderbuchkarriere vor: Mit seiner Ex-Band Test Icicles und ihrem Sound aus Punk, Dance und Indie-Pop hatte der 24-Jährige schon vor einiger Zeit Erfolg in den UK-Charts. Mit seinem Solo-Projekt Lightspeed Champion wagte er wieder den Stilmix, zeigt sich jedoch von seiner sanfteren Seite. Mit "Life Is Sweet! Nice To Meet You" veröffentlichte er nun sein zweites Solo-Album.

Darauf wechselt er gekonnt zwischen Americana, Folk, Pop, etwas Jazz und Blues. Auf Lieder wie "The Big Guns Of Highsmith" oder "Etude Op.3 'Goodnight Michalek'" sind Elemente klassischer Musik zu finden. Dem Musiker scheint nie die gute Laune zu vergehen. Die Songs haben zwar Titel wie "I Don't Want To Wake Up Alone" oder "Sweetheart", Hynes triften trotzdem nicht in den Kitsch ab. 

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(Label: Domino)

Foto: Domino Records