Wenn eine Reisegruppe aus China im Wiener Restaurant Citylake zu Gast ist, dann gibt es plötzlich Speisen,...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... die - leider - nicht auf der Karte stehen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Navi tut sich schwer, die Adresse zu positionieren, Google Maps ebenso - schließlich ist der Ort noch eindeutig eine Baustelle. Der Teich, der dem Restaurant Citylake den Namen gibt, ist aber schon eingelassen, gekocht wird auch. Sogar Liegestühle stehen zwischen den Bürotürmen des neu entstehenden Geschäftsviertels (Name: Viertel Zwei) herum.

Einstweilen erinnert die Gegend mit den adrett platzierten Baumsetzlingen, properen Promenaden und Plazas und den qualitätvoll gestalteten Office-Towers noch an Orte, die man aus Computerspielen zu kennen meint: Gleich könnte ein Finsterling mit Bazooka im Anschlag um die Ecke biegen und der Idylle den Garaus machen - so er nicht unverzüglich umgenietet wird. Aber nix da, ist doch der neue Prater hier: von vorn bis hinten geschleckt und auch sonst flott herausgeputzt!

So ist man froh, wenn das versteckte Restaurant gefunden und, noch dazu, eine chinesische Reisegruppe gerade dabei ist, sich an reich gedeckten Tischen gütlich zu tun. Immer ein gutes Zeichen! Da will man die auf der Speisekarte vermerkten Warnzeichen wie Billig-Sushi ("Caniforia Temaki", sic!) und Thai-Currys in allen Farbvarianten noch so gerne ignorieren und munter drauflos bestellen.

Die müssen Sie probieren

Vorab aber sorgt der Geschäftsführer mit ausdauerndem Charme dafür, dass man um die Vorspeisenplatte nicht herumkommt: "Die müssen Sie probieren, da sind alle guten Sachen drauf, auch indonesische Spieße." Womit Satay Ayam gemeint sind, Hühnerspieße mit Erdnussdip. Bloß werden die im Citylake faschiert, was sie so ziemlich jeden Charmes beraubt. Davon abgesehen bevölkern allerhand Friteusenbewohner der panasiatischen Art die Platte: Frühlingsrollen, Currytaschen und Wantan, eh ganz brav und ordentlich und fad. Beim knackefrischen Papayasalat merkt man aber, dass hier deutlich mehr möglich wäre.

Warum auch die anderen Speisen gar so uninspiriert schmecken - nämlich so, dass die Reisegruppe sicher etwas ganz anderes vorgesetzt bekam? Es wird wohl die tief sitzende Gewissheit vieler Asia-Gastronomen sein, dass unsereins Langnasen sowieso nicht kosten wollten, was Chinesen schmeckt. Dass wir dafür auch selbst Verantwortung tragen, hilft aber auch nicht weiter, wenn man, wieder einmal, ratlos vor zähem Fleisch mit Spiegelei und Fertigsauce sitzt. (Severin Corti/Der Standard/rondo/28/05/2010)