Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters

Warschau - Die Flugzeugkatastrophe der polnischen Regierungsmaschine vor sechs Wochen ist offenbar unter anderem auf eine fehlerhafte Einschätzung der Flughöhe durch die Piloten zurückzuführen. Das erklärte der polnische Vertreter in der russischen Untersuchungskommission für das Unglück, Edmund Klich, dem Radiosender "Trojka". Die Besatzung des Flugzeugs vom Typ Tupolew-154 habe sich des Radar-Höhenmessers bedient, sei dabei wahrscheinlich getäuscht worden und deshalb zu niedrig geflogen. Klich berief sich auf die Informationen der Flugschreiber.

15 Meter tiefer als die Landebahn

Die Sicht am Flughafen in Smolensk betrug nach Angaben der Zeitung "Gazeta Wyborcza" nur 200 bis 400 Meter auf horizontaler und 50 Meter auf vertikaler Ebene. Die Piloten wollten sich deshalb bei der Landung auf technische Angaben zu ihrer Position verlassen. Der Radiohöhenmesser, den sie dafür benutzten, zeigt die Entfernung zur Bodenoberfläche. Seine Angaben scheinen die Piloten jedoch in die Irre geführt zu haben, so Edmund Klich, denn vor dem Smolensker Flughafen liege eine 50 Meter tiefe Senke, von der die Piloten offenbar nichts wussten. "Sie flogen zeitweise 15 Meter tiefer als die Landebahn", so Klich.

Experten vermuteten bisher Fehler der Fluglotsen

Der polnische Ermittler erklärte gegenüber einem anderen Radiosender, die Flugzeugbesatzung hätte auf den barometrischen Höhenmesser zurückgreifen können, der die Flughöhe unabhängig von der Landschaft, im Verhältnis zum Meeresspiegel, angibt. Die Daten zum örtlich herrschenden Luftdruck, die dafür notwendig sind, habe der Smolensker Flughafen korrekt ins Cockpit gemeldet, so Klich. Experten hatten zuvor vermutet, den russischen Fluglotsen könne hier ein Fehler unterlaufen sein. Klich bestätigte auch, dass die Fluglotsen die polnischen Piloten mehrfach vor einer Landung warnten.

Klich räumte ein, dass die Piloten nicht gut genug geschult waren. "Wenn sie ein paar Mal am Flugsimulator geübt hätten, wären sie im Nebel nicht so tief geflogen", sagte er. Er kritisierte auch, dass der Leiter der Luftstreitkräfte, Andrzej Blasik, bei der Landung im Cockpit war. "Ich würde mich da als Pilot unter Druck gesetzt fühlen", sagte er.

Aufnahmen aus dem Cockpit

Die russische Tageszeitung "Kommersant" zitiert Aufnahmen aus dem Cockpit, auf denen zu hören sein soll, wie der 35-jährige Pilot Arkadiusz Protasiuk "Wir können nicht" (landen, Anm.) sagt. Die Antwort General Blasiks sei unverständlich, weil durch die offene Cockpittür laute Geräusche zu hören waren, berichtete der Kommersant unter Berufung auf Quellen in der  Untersuchungskommission. Am Sonntag soll eine Innenminister Jerzy Miller nach Moskau reisen, um die Flugschreiber zu übernehmen.

Die rechtskonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) fordert indes weiterhin eine internationale Kommission, die das Flugzeugunglück aufklären solle. Sie wird dabei von einer Bürgerinitiative unterstützt, die bisher 51.000 Unterschriften sammelte. Der PiS-Kandidat für die Präsidentschaftswahl am 20. Juni Jaroslaw Kaczynski erklärte am Mittwoch vor Journalisten, die Regierung wisse "nicht viel über das, was bei Smolensk passierte". Der PiS-Kandidat verlor bei dem Unglück seinen Bruder, den verstorbenen Präsidenten Lech Kaczynski. (red/APA)