Wien - Das Scheitern der Honorarverhandlungen zwischen Ärztekammer und Gewerbe-Sozialversicherung (SVA) hat am Mittwoch für Kritik der Oppositionsparteien an allen Beteiligten geführt. Der ab 1. Juni drohende vertragslose Zustand sei inakzeptabel, wurde betont.

Gesundheitsminister Alois Stöger könne nicht mit einem Achselzucken zur Tagesordnung übergehen, sondern müsse sofort einen Runden Tisch einberufen, so FP-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein in einer Aussendung. Für FP-Ärztesprecher Andreas Karlsböck ist gar die Gesundheit der Patienten in Gefahr, die SVA spiele mit dem Leben der Versicherten, meinte er.

"Ärztekammer und SVA haben total versagt"

Auch Ursula Haubner warnte vor Nachteilen für "alleinerziehende und selbstständig tätige Mütter sowie Ein-Personen-Unternehmen, die nicht in der Lage sind, finanzielle Vorleistungen zu erbringen". Sie verlangte eine einheitliche Leistungsfinanzierung und -honorierung der Gesundheitskosten für ganz Österreich.

"Im derzeitigen Tarifstreit haben Ärztekammer und SVA total versagt", erklärte Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft. Er will die vollkommene Harmonisierung des heimischen Krankenversicherungssystems. Das sieht auch die Grüne Wirtschaftssprecherin Ruperta Lichtenecker so, sie forderte "eine Krankenversicherung für alle mit neun Zweigstellen".

Ärztekammer rechnet mit langer Dauer

Die Ärztekammer rechnet jedenfalls noch mit einer sehr langen Dauer des vertragslosen Zustandes für die Versicherten der SVA. "Es würde mich wundern, wenn das noch in diesem Jahr vorbei wäre", sagte der stellvertretende Ärztekammer-Präsident Günther Wawrowsky. Dass der vertragslose Zustand nach den gescheiterten Verhandlungen am Dienstag nun ab 1. Juni eintreten wird, ist für Wawrowsky fix.

Ärztekammer-Chef bei Stöger

Verhandlungstermin gebe es jetzt keinen mehr, sagte der Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte. Allerdings hat Ärztekammer-Präsident Walter Dorner noch einen - schon vor einiger Zeit vereinbarten - Termin bei Gesundheitsminister Alois Stöger (SP). Wirtschaftskammer-Präsident und SVA-Obmann Christoph Leitl hat vorerst zwar keinen Termin beim Minister, aber ein Telefonat sei jederzeit möglich, hieß es im Büro Stögers. Der Minister hatte nach der gescheiterten Runde am Dienstagabend angekündigt, sich von den Verhandlungsführern berichten zu lassen und auf weitere Gespräche gedrängt.

Aber selbst wenn man sich doch noch zu einer weiteren Verhandlungsrunde zusammenfinden sollte, hat Wawrowsky keine Hoffnung mehr. "Je öfter wir zusammen gesessen sind, desto weiter waren wir auseinander."

Arbeitsgespräche bis September

Dauern wird dieser vertragslose Zustand nach Ansicht Wawrowskys so lange, bis SVA und Ärztekammer eine neue Form der Zusammenarbeit gefunden haben. Und dass man sich bis September auf eine neue Struktur einigen werde, glaube er nicht, sagte der Ärztekammer-Vize. Dass es zu einem früheren Ende des vertragslosen Zustandes kommen könnte, kann sich Wawrowsky nur dann vorstellen, wenn die SVA einlenkt.

Wawrowsky: Gleiche medizinische Versorgung

Wawrowsky betonte, dass die gewerblichen Versicherten auch während des vertragsfreien Zustandes die gleiche medizinische Versorgung bekämen. Und der Internist kündigte für seine eigene Praxis sogar eine Besserstellung dieser Patienten an. Weil sie nun Privatpatienten seien, werde er sich bemühen, ihnen noch rascher einen Termin zu geben und darauf achten, dass sie wenn möglich keine Wartezeiten haben. (APA)