78 Wohnungen bietet das erste Passivhaus der Genossenschaft Neues Leben in der Quellenstraße in Simmering. Jeder Bewohner hat entweder einen eigenen Balkon oder einen kleinen Garten.

Foto: Neues Leben

Lange hat Predrag Stosakovic gesucht, bis er sich für diese Wohnung entschieden hat. Er wollte unbedingt einen Garten haben - in dem er ungestört Rauchen und in die Sonne schauen kann. In der Quellenstraße 11 in Wien-Simmering hat er ihn gefunden.

Die Neues Leben Wohnbaugenossenschaft hat hier 2009 ihr erstes Passivhaus errichtet, 78 Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern sind darin untergebracht. Bis auf zwei sind alle vermietet, alle haben sie Balkone oder, im Erd- geschoß eben, einen kleinen Garten.

Stosakovic hat bisher noch nie in einem Passivhaus gewohnt, Grund hierherzuziehen war die Passivbauweise für ihn auch nicht: "Solange alles funktioniert, ist mir das wurscht." Dass er weniger heizen musste, freut ihn aber doch. Und auch die Solaranlage, die das Wasser wärmt, gefällt ihm: "Früher hatte ich eine Therme, bei der ständig die Flamme ausgegangen ist, wenn ich im Bad war."

Neben Leuten wie Stosakovic wohnen aber auch einige "Ökofreaks" in der Anlage, erzählt Christoph Girg, Projektleiter der Quellenstraße 11. Die Neues Leben wollte mit dem Haus Erfahrung sammeln mit der Passivbauweise. "Das ist wahrscheinlich die Zukunft", sagt Girg.

Dichte Fenster und Isolierung

Die Quellenstraße 11 ist ein klassisches Passivhaus: Geheizt wird großteils über die Lüftung, die wiederum an einem Wärmetauscher hängt. Extradicke Isolierung und dichte Fenster reduzieren den Temperaturverlust im Winter und verhindern starkes Aufheizen im Sommer. Wem trotzdem zu kalt ist, der kann einen Radiator in der Wohnung zuschalten, der mit Gas betrieben wird.

Die Heizkörper sollen auch die Mieter beruhigen. "Viele wissen nicht, wie ein Passivhaus funktioniert, aber einen Heizkörper kennen alle", sagt Girg. Die Lüftung macht trotzdem manchmal Probleme: "Die Leute schalten sie ganz aus, weil sie Heizkosten sparen wollen. Dann findet aber kein Luftaustausch mehr statt in der Wohnung."

Normal lüften sollen Mieter nämlich zumindest im Winter möglichst wenig - weil sonst auch die dichtesten Fenster und Wände nichts nutzen. Die Lage der Quellenstraße 11 erleichtert diese Auflage: Direkt hinter dem Haus führt die Südosttangente vorbei.

Als die Wohnungen neu bezogen wurden, wollte die Neues Leben einen Infoabend organisieren, um Feinheiten wie die Belüftung zu erklären. Aus mangelndem Interesse wurde er abgesagt. "Wir haben uns dafür bei der Übergabe viel Zeit genommen, um alles zu erklären", sagt Girg.

Elfmal um die ganze Welt 

Seit einem Jahr läuft nun eine Evaluierung der Quellenstraße 11. Neues Leben wollte wissen, wie viel Energie das Haus tatsächlich spart, und bat einige Mieter, einmal wöchentlich ihren Strom- und Gaszähler abzulesen. Das Ergebnis: Im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus produziert die Quellenstraße 11 8,46 Kilo weniger CO2 pro Quadratmeter und Jahr. Die Einsparung entspricht dem CO2, das ein modernes Auto in die Atmosphäre bläst, wenn es elfmal die Erde umrundet.

"Das Ergebnis entspricht dem, was wir uns erwartet haben", sagt Girg. Die Neues Leben will auch künftig Passivhäuser errichten, bei einigen Wettbewerben für den geförderten Wohnbau habe sie auch schon solche eingereicht.

Knapp eine Million Euro hat der Bau der Quellenstraße dafür mehr gekostet. Die Summe wird allerdings fast zur Hälfte durch Fördergelder der Stadt gedeckt, der Rest soll durch die niedrigen Energiekosten wieder gespart werden. "Geholfen hat auch, dass der Grund hier günstig war", sagt Girg. Zusammen mit den niedrigen Betriebskosten konnte die Neues Leben so den Mietern ein "gutes Angebot" machen.

Stosakovic ist sehr zufrieden mit seiner Wohnung. Sie liegt auf der Seite des Hauses, die von der Autobahn abgewandt ist, die Autos hört er hier kaum. "Ich würde jederzeit wieder in ein Passivhaus ziehen." (Tobias Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5.2010)