BP überträgt die Operation per Video: Livestream auf der BP-Homepage

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London/Hamburg - Im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko hat sich das "Top Kill" genannte Abdichten des Lecks verzögert. BP bereitete am Mittwoch weiter unter Hochdruck den Versuch vor, die sprudelnde Ölquelle mit Schlamm und Zement zu schließen. Langwierige Diagnosen auf dem Meeresgrund verzögerten allerdings das ursprünglich für die frühen Morgenstunden (Ortszeit) angekündigte Manöver. Es lägen noch nicht alle nötigen Testergebnisse vor, sagte Konzern-Chef Tony Hayward dem Fernsehsender CNN.

Für das Verstopfen der Ölquelle sollen mehrere tausend Liter Schlamm pro Minute in die Quelle gepumpt werden. Die Erfolgschancen sind jedoch alles andere als gut. "Wir können nicht garantieren, dass es wirklich funktioniert", sagte BP-Sprecher Robert Wine. BP-Vorstandschef Tony Hayward bezifferte die Erfolgsaussichten mit dem "Top Kill" im Golf auf 60 bis 70 Prozent. Wenn der Abdichtkopf noch weiter beschädigt wird dann fließt im schlimmsten Fall noch mehr Öl als bisher in den Golf.

Operation kann zwei Tage dauern

BP zufolge kann "Top Kill" zwischen mehreren Stunden bis zu zwei Tagen dauern, bis der Erfolg feststehe. Ein Technik-Professor der Universität Berkely, Bob Bea, sagte, der Erfolg der Aktion hänge davon ab, wie hoch die austretende Ölmenge tatsächlich sei. Alles was über sechs Millionen Liter pro Tag liege, wäre nach seiner Ansicht zu viel für den beschädigten Abdichtkopf.

Operation "Top Kill" noch nie in dieser Tiefe probiert

Das als "Top Kill" bezeichnete Verfahren ist noch nie in solcher Tiefe ausprobiert worden. In das Schlamm-Bombardement in 1.500 Meter Tiefe sind drei große Schiffe und 16 Unterwasser-Roboter eingebunden.

Plan B:  Gummi statt Schlamm

Sollte der Versuch schief gehen, ist BP nach eigenen Angaben auf einen zweiten Anlauf vorbereitet. Ein BP-Plan sieht beispielsweise vor, statt des Schlamm-Beschusses anderes Material wie Gummi in das Sicherheitsventil pumpen. Auch so könnte der Ölfluss gestoppt oder zumindest minimiert werden. Möglich wäre auch, beide Varianten miteinander zu kombinieren.

Öl sprudelt hauptsächlich aus einem Steigrohr

Die Ölbohrinsel "Deepwater Horizon" war am 22. April nach Explosionen untergegangen. Seitdem sprudeln täglich mehrere hundert Tonnen Rohöl ins Meer. Das Öl sprudelt hauptsächlich aus einem Steigrohr, das beim Versinken abgerissen ist. Zwar saugt BP seit fast zwei Wochen einen Teil direkt aus der Leitung ab, aber trotzdem tritt weiter tonnenweise Öl ins Wasser aus. Wie viel genau, ist nach wie vor unklar.

110 Kilometer Strandverschmutzung

Unterdessen verschmutzt das Öl weiter die Golfküste. Es wurde bereits auf einer Breite von 110 Kilometern an Stränden und ins Marschland gespült. Mehrere hundert Vögel wurden in der Region tot gefunden. Kritik am Vorgehen im Kampf gegen die Ölpest weist BP energisch zurück. "Alles, was getan werden kann, wird getan", sagte Vorstandschef Carl-Henric Svanberg der britischen Zeitung "Financial Times" vom Mittwoch. Er wies auch Forderungen zurück, wonach die US-Regierung ermächtigt werden soll, die Beseitigung der Umweltschäden zu beaufsichtigen. Dem Energiekonzern müsse bei der Schließung des Lecks vertraut werden. "Unser künftiger Ruf hängt ganz davon ab, ob wir mit Erfolg das Leck stopfen und die Reinigung bewältigen."

Fischer nicht ausreichend geschützt

Die US-Meeresforscherin Riki Ott wirft BP vor, fahrlässig mit der Gesundheit der angeheuerten Fischer umzugehen. "Die Fischer haben keine Schutzkleidung, nicht einmal Atemmasken", sagte sie in einem Interview mit "Zeit online". "Viele Fischer (...) kommen an die Küste zurück mit brennenden Augen, Hals- und Kopfschmerzen und anhaltendem Husten." Grund dafür seien die Chemikalien, mit denen das im Meer schwimmende Öl zu einer milchartigen Emulsion aufgelöst werden soll. BP wisse um die Gefährlichkeit dieser Mittel, sagte Ott.

Obama in Kritik

In Washington verliert die Politik zusehends die Geduld mit BP. Ölklumpen haben die ökologisch sensiblen Feuchtgebiete Louisianas erreicht. Obama gerät wegen seines Krisenmanagements zunehmend in die Kritik. In einer Umfrage für CNN zeigten sich 51 Prozent unzufrieden mit dem Vorgehen der Regierung. Auch Vertreter des am stärksten betroffenen Staates Louisiana fordern angesichts der immer wieder fehlgeschlagenen Versuche von BP ein entschiedeneres Einschreiten der Regierung. Doch diese setzt im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko weiter auf die Technik von BP. Nur der britische Konzern habe die technischen Möglichkeiten, die Ölquelle unter Kontrolle zu bringen, sagte Obamas Energieberaterin Carol Browner. US-Präsident Barack Obama wird am Freitag zum zweiten Mal seit dem Untergang der Öl-Bohrinsel die betroffene Region am Golf von Mexiko besuchen.

Hurrikane-Saison naht

Die Zeit für einen Verschluss des Lecks drängt auch wegen der in der kommenden Woche beginnenden Hurrikane-Saison. Nach einer Prognose des Wetterdienstes WSI ist mit deutlich mehr Hurrikanes zu rechnen als im langjährigen Durchschnitt. Auch andere Meteorologen haben bereits eine ungewöhnlich heftige Hurrikane-Saison vorhergesagt, was die Bekämpfung der Ölpest stark beeinträchtigen dürfte. (APA)