Berlin/Brüssel - Zwischen Deutschland und der EU-Kommission ist heftiger Streit über die künftige Finanzverfassung der EU entbrannt. Die Deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte jüngst konkrete Forderungen vorgelegt, den Euro-Stabilitätspakt zu verschärfen, um Krisen wie in Griechenland künftig zu verhindern. Doch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stemmt sich gegen die Pläne der Deutschen.

Der Portugiese sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, es sei verfassungsrechtlich fast unmöglich, Haushaltssündern das Stimmrecht über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus zu entziehen. Genau dies hatte jedoch Berlin ins Gespräch gebracht. Auch Änderungen am EU-Vertrag, wie sie Merkel will, lehnte Barroso ab. Begründung: Es sei "naiv" zu glauben, dass dann nicht auch andere Staaten Änderungswünsche hätten - ein klarer Affront gegen Merkel (CDU).

Am Dienstag attackierte dann der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Leo Dautzenberg (CDU) Barroso: "Sich jetzt jeglicher Vertragsänderungen zu entziehen, halte ich für falsch." Dautzenberg reagierte auch mit Unverständnis darauf, dass Barroso Merkel eine Mitschuld an der weit verbreiteten öffentlichen Ablehnung des Euro-Rettungspaketes gab. "Deutschland mit den Garantien enorme Lasten aufzubürden, ohne die Ursachen der Krise zu benennen, wäre falsch und verneble die Schwierigkeiten", sagte Dautzenberg zum Handelsblatt Online.

Erst am Freitag hatten sich die EU-Finanzminister getroffen, die Konsequenzen der Griechen-Krise zu beraten. Einigkeit herrschte darüber, dass Schuldensünder künftig mit "finanziellen und nichtfinanziellen Sanktionen" zum Sparen gezwungen werden sollen. Der Weg dorthin ist allerdings umstritten. So sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, dass die von Deutschland gewünschten Änderungen des europäischen Vertrags "keine Priorität" hätten. Auf Ablehnung stieß auch der Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), hochverschuldete Staaten in eine geordnete Insolvenz zu schicken.

Euro-Staatsanleihe

Am Dienstag ist schließlich Van Rompuy mit seiner Idee eine gemeinsame Euro-Staatsanleihe aufzulegen bei der deutschen Regierung abgeblitzt. Sie setze "falsche Anreize", sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Eine solche Anleihe würde die Mitgliedstaaten mit unsolider Haushaltsführung belohnen und eine verantwortungsvolle Konsolidierung bestrafen. "Was wir brauchen, sind im Gegenteil klare Signale für solide Staatsfinanzen, um das Vertrauen in den Euro langfristig zu sichern und zukünftigen Krisen vorzubeugen."

Van Rompuy will, dass Staaten mit solider Haushaltsführung einen Grundsockel an Schulden "über ein gemeinsames System zur Begebung von Anleihen (re)finanzieren". (red, DER STANDARD, Printausgabe, 26.5.2010)