Netzwerktreffen zum Umgang mit, zu Segen und Fluch von Facebook, Twitter & Co: Werner Panhauser (Helvetia Versicherung), Christian Arbeiter (Personalchef SAP), Elfriede Denk (Trainerin,Beraterin), Martin-Hannes Giesswein (Nokia).

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Dass sich die zwischenmenschliche Kommunikation im digitalen Zeitalter von Grund auf verändert hat, ist nichts Neues. Besondere Sensibilität sei aber gerade heute geboten, das machte Martin-Hannes Giesswein, Head of Retail bei Nokia Alps South East Europe, in seinem Vortrag Erste-Hilfe-Koffer für Web-2.0-Opfer und der anschließenden Podiumsdiskussion allen Anwesenden klar.

"Zu Web-1.0-Zeiten lief der Informationsfluss in eine Richtung. Die Leute wollten etwas wissen und schauten bei Wikipedia nach. Heute informiert jeder jeden. Wer will, kann, was ihn bewegt, in die ganze Welt hinausposaunen. Twitter, Facebook und Blogs sind die idealen Plattformen, um Erfahrungen, etwa auch mit dem eigenen Arbeitgeber, in die Welt hinauszuposaunen. Und wer glaubt, das habe keine große Wirkung, irrt gewaltig. Für die Meinungsbildung ist vor allem die eigene Community ganz maßgeblich. Für den Arbeitgeber kann das gut oder schlecht sein. Ein Mitarbeiter, der sich wohlfühlt, wird mit Begeis-terung Gutes posten. Das wirkt sich für das Unternehmen positiv aus."

"Nicht froh über Surfen währen Arbeitszeit"

Er sei trotzdem noch nicht auf Facebook, sagt Werner Panhauser, Vorstand der Helvetia Versicherung, und würde es auch nicht begrüßen, wenn seine Mitarbeiter während der Arbeit viel im Netz surfen: "Wir sind nicht froh darüber, wenn die Leute in der Arbeitszeit laufend andere Dinge tun. Die Versicherungswirtschaft ist eine konservative Branche. Versicherungen werden nicht verkauft, indem ein User seinem Freund auf Facebook mitteilt ‚Wow, ich habe mir gestern eine tolle Haushaltsversicherung gekauft‘." Dennoch nütze seine Versicherung die Möglichkeiten des Internets, vor allem dort, wo Kunden damit schnell geholfen werden kann: "Schadensmeldungen per Internet, Formulare zum Downloaden, das gibt es längst. Wir signalisieren unseren Kunden: Es ist alles da, wenn du etwas brauchst, lade dir die Info einfach runter."

Christian Arbeiter, Personal-Manager von SAP, bedient sich diverser Plattformen, allerdings erst seit kurzem: "Der Umgang mit dem Web 2.0. ist bei uns, obwohl wir ein technisches Unternehmen sind, noch gar nicht so lange eine Selbstverständlichkeit. Wenn sich jemand bei SAP bewirbt, schauen wir uns natürlich an, wo er Mitglied ist und wie er sich präsentiert."

Persönliches Kennenlernen versus digitale Spur

Ob ihm jemand mittlerweile suspekt sei, der auf keiner der viel zitierten Seiten registriert ist, fragt Heidi Aichinger vom KarrierenStandard "Nein, das sicherlich nicht. Wenn jemand wirklich für einen Job in Betracht kommt, dann lerne ich ihn ohnehin persönlich kennen. Im Gespräch kann ich mir das beste Bild machen." Wenn von einem Kandidaten keine digitale Spur im Netz zu finden sei, hätte er ein gröberes Problem, sagt hingegen Giesswein: "Natürlich hängt das von der Branche ab, aber Nokia steht für Kommunikation. Ein Autoverkäufer, der aus Gründen des Umweltschutzes mit dem Fahrrad herumfährt, wäre für mich auch eine Fehlbesetzung. Für andere Jobs mag das kein Nachteil sein."

Den persönlichen Vorteil kann Elfriede Denk, selbstständige Beraterin und Trainerin, für sich nicht erkennen: "Ich bin eigentlich total von Facebook genervt. Dauernd bekomme ich irgendwelche Mails, mit denen ich nichts anfangen kann und für die ich ohnehin keine Zeit habe. Ein Begegnung ist mir unvergleichlich lieber." Warum sie dann noch auf dieser Plattform zu finden sei, fragt Aichinger: "Weil ich nicht weiß, wie ich da wieder aussteigen kann, und vor den Kopf stoßen möchte ich ja auch niemanden" , so Denk und spricht damit für viele Anwesende. Jede Zeit habe ihre Kommunikation und ihre Etikette, sagt Panhauser, "anfänglich versteht man sie nicht, wundert sich auch, aber man lernt rasch damit umzugehen." Wer sich nicht mit den Social Media nicht wohlfühlt, sollte sie ihrer nicht bedienen, findet Giesswein: "Man ist ja nicht automatisch cool, nur weil man auf Twitter oder Facebook ist. Wir können uns immer noch selbst entscheiden, woran wir teilhaben wollen. Denn eines ist sicher: Auch in 20 Jahren wird jedes Mobiltelefon noch einen Ausschaltknopf haben." (Judith Hecht, DER STANDARD, Printausgabe, 22./23./24.5.2010)