Madrid - Mit der Verschiebung des für Anfang Juni geplant gewesenen Gipfeltreffens der Mittelmeerunion um mehrere Monate hat die spanische EU-Ratspräsidentschaft eine weitere schwere diplomatische Niederlage hinnehmen müssen. Die offizielle Begründung des Außenministeriums in Madrid, man wolle zunächst den Ausgang der von den USA vermittelten indirekten Gespräche ("proximity talks") zwischen Israelis und Palästinensern abwarten, ist wenig überzeugend. Israel wies diese Argumentation zurück. Das Treffen solle Ende November nachgeholt werden, um bis dahin "Voraussetzungen für einen Erfolg" zu schaffen, hieß es in Madrid offenbar in Erwartung einer neuen Nahost-Offensive von US-Präsident Barack Obama in der zweiten Jahreshälfte.

Nachdem der Gipfel EU-USA annulliert werden musste, weil Obama seine Teilnahme abgesagt hatte, sollte das Treffen der Mittelmeerunion den Höhepunkt der halbjährigen spanischen EU-Präsidentschaft bilden. Die 2008 in Paris gegründete Union umfasst die 27 EU-Staaten sowie Algerien, Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien, Israel, Palästina, Marokko, Mauretanien, Tunesien, Türkei, Albanien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Libyen hatte den Beitritt wegen der Mitgliedschaft Israels verweigert. Zum Sitz der Mittelmeerunion wurde Barcelona bestimmt, obwohl Frankreich Tunis vorgeschlagen hatte. Dies scheiterte an der Haltung Syriens, das zum Ärger anderer arabischer Länder den Anspruch Spaniens unterstützte. Mit der Schaffung der Mittelmeerunion soll die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums gestärkt werden. Seit 1995 existierte bereits die Euro-Mediterrane Partnerschaft (Euromed).

Für Sonntag sind in Kairo Konsultationen zwischen Spanien und den Ko-Vorsitzenden der Mittelmeerunion, Ägypten und Frankreich, vorgesehen. Der spanische Außenminister und Nahost-Experte Miguel Angel Moratinos hatte sich nach Blitzbesuchen in Israel, Syrien und dem Libanon noch "zu 90 Prozent" zuversichtlich gezeigt, dass der Gipfel stattfinden könne, aber in europäischen Diplomatenkreisen dominierte Pessimismus. Zuletzt war die Wasserkonferenz der Mittelmeerunion in Barcelona an einem Formulierungsstreit zwischen Israel und den arabischen Staaten betreffend die palästinensischen Gebiete gescheitert. Niemand wolle "eine Konferenz nur um der Konferenz willen", wenn sich ein Fehlschlag abzeichne, hieß es dazu in Brüssel.

Spanische Medien berichteten, der für 7. Juni geplant gewesene Gipfel sei verschoben worden, weil wegen der arabisch-israelischen Streitigkeiten ein Scheitern programmiert war. Ägypten hatte erklärt, dass es die "gemeinsame arabische Position" sei, jeglichen Kontakt mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman im Rahmen der Mittelmeerunion zu verweigern. Aus diesem Grund wurde auch ein Ministertreffen, das in Istanbul stattfinden sollte, abgesagt. (AFP)