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Archivbild aus dem Jahr 1987, das ein Modell des HI-Virus zeigt.

Foto: APA

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Elektronenmikroskopische Aufnahme mehrerer HI-Viren: Der Ultradünnschnitt zeigt in 240.000-facher Vergrößerung einzelne Virusteilchen mit den Oberflächenfortsätzen an ihrem äußeren Rand und dem konischen Innenkörper, des sogenannten "core".

Foto: APA/Hans Gelderblom

Die ersten Fälle von Aids wurden 1981 in den USA beschrieben, 1983 entedeckten zwei Forscherteams um Luc Montagnier und Robert Gallo den Aidserreger HIV (Human Immunodeficiency Virus, menschliches Immunschwächevirus). Schon bald danach begannen der US-Forscher Gallo und der Franzose Montagnier darüber zu streiten, wer das Virus tatsächlich entdeckt hatte. 1994 wurde der wissenschaftliche Disput beigelegt, als offizieller Entdecker gilt heute der Franzose Montagnier. Im Jahr 2008 erhielten er und seiner Kollegin Francoise Barre-Sinoussi vom Insitut Pasteur in Paris den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung des Virus.

Es gibt Menschen, die Aids leugnen

Darüber, dass der 1983 entdeckte HI-Virus der Auslöser für die Immunschwäche Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome) ist, sind sich Wissenschaflter weltweit seit langem einig. Es gibt aber Menschen die bezweifeln, dass es das HI-Virus gibt oder zumindest, dass es der Verursacher von Aids ist. Die so genannten "Aids-Leugner" oder "Aids-Dissidenten" gehen davon aus, dass die antiretroviralen Medikamente den Patienten mehr schädigen als ihm zu nutzen. Sie bezweifeln außerdem, dass das HI-Virus wirklich so viele Todesopfer fordert, wie öffentlich kommuniziert wird. Laut Statistik haben sich seit Beginn der Aids-Pandemie weltweit rund 60 Millionen infiziert, 25 Millionen Menschen sind an den Folgen der Immunschwäche gestorben.

Virologin: "Affront gegen Patienten"

Für Elisabeth Puchhammer-Stöckl vom Insitut für Virologie in Wien sind die Argumente der „Aids-Leugner" völlig unverständlich. "Es ist ein Affront gegen alle Patienten, die an HIV leiden, wenn man eine Krankeheit leugnet, an der noch immer so viele Menschen sterben", sagt sie im Gespräch mit derStandard.at. Heute gebe es eine Unzahl von Nachweismethoden; die Behauptungen der Dissidenten seien "skurril".

Direkter Virusnachweis

Eine weitere These der Aids-Dissidenten: Der Aids-Test gebe nur Auskunft darüber, ob jemand Antikörper gegen das HI-Virus in sich habe. Das Virus selbst werde dabei aber nicht nachgewiesen und könne theoretisch schon von den Antikörpern besiegt sein. Auch dem widerspricht die Virologin: "Nachdem jemand beim Antikörper-Screening positiv getestet wurde, wird heute sofort ein direkter Virusnachweis aus dem Blut gemacht, weil die Menge der Viren auch über die Therapie entscheidet." Patienten würden außerdem vierteljährlich einen Test machen um zu überprüfen, wie hoch die Viruslast aktuell sei.

Medikamente hemmen Virus

Dass HIV Auslöser der Immunschwäche Aids ist, belegen Fachliteratur und wissenschaftliche Arbeiten seit langem. Auch die antiretrovirale Therapie beweise das, so Puchhammer-Stöckl: "Die eingesetzten Medikamente hemmen das Virus selbst." Dadurch wird der Ausbruch der Immunschwäche massiv verzögert. Das wiederum belege, dass HIV und Aids unmittelbar zusammenhängen.

Duesberg: Aids nicht durch HI-Virus

Der bekannteste Aids-Leugner ist wohl Peter Duesberg, Professor für Molekular- und Zellbiologie an der Universität Californien in Berkeley. Er geht davon aus, dass die Aidserkrankungen in den USA und Europa nicht durch den HI-Virus, sondern durch den kontinuierlichen Konsum von Drogen wie Kokain oder Heroin und oder von den Aids-Medikamenten selbst verursacht werden. Der Anstieg von Aids-Erkrankungen seit den 1980er Jahren in Europa und den USA sei auf die Zunahme von Suchtgiftkonsum während dieser Zeit zurückzuführen.

Neue Publikation

Argumente gegen die von Duesberg vertretenen Hypothesen haben die Mediziner Pride Chigwedere und Max Essex von der Harvard School of Public Health in Boston in einer Publikation in der Fachzeitschrift "Aids and Behaviour" im Jänner 2010 zusammengetragen. "Den Beweis, dass HIV Aids verursacht, gibt es seit 20 Jahren", schreiben die Wissenschaftler. Duesberg ignoriere ganz einfach jene Daten, die nicht seine Meinung unterstützten, widerspreche sich zum Teil selbst.

Aids in Afrika und Europa

Der Aids-Kritiker Duesberg unterscheidet außerdem zwischen Aidserkrankungen in Europa und den USA und zwischen jenen in Afrika. In Afrika sei Aids eine Folge von Mangelernährung, parasitären Infektionen und den schlechten sanitären Bedingungen. Auch diese These widerlegen die Wissenschaftler Chigwedere und Essex: Erstens seien heute nicht nur arme, unterernährte, sondern auch gut situierte und wohlernährte Afrikaner von Aids betroffen. Zweitens existiere auch in anderen Ländern außerhalb Afrikas das Problem der Unterernährung - jedoch nicht annähernd so hohe Aidsraten. Drittens hätten Mangelernährung, Armut und schlechte sanitäre Bedingungen schon lange vor Aids existiert. 

Südafrika: Folgen von Aids-Leugnung

Welche Folgen die Leugnung von Aids tatsächlich haben könnte, haben die beiden Forscher in einer früheren Studie am Beispiel Südafrika vorgerechnet. Der damalige Präsident Thabo Mbeki schränkte im Jahr 2000 kostenlose Aids-Medikamente ein, schon ein Jahr zuvor hatte er entschieden, keine Medikamente mehr zur Verhinderung von Mutter-Kind-Übertragungen zu verteilen. Die Wissenschaftler schätzen, dass in den Jahren 2000 bis 2005 dadurch mindestens 330.000 Menschen unnötig beziehungsweise unnötig früh an Aids gestorben sein sollen. Auch die HIV-Übertragung auf 35.000 Babys hätte demnach verhindert werden können. (mak, derStandard.at, 28.5.2010)