Wien - "queerograd" versteht sich als Plattform zwischen seriösem Diskurs und trashigem Politainment, bei dem in Theorie und performativer Praxis heteronormative Matrix, Identitäten und Identitätskonstruktionen, Geschlechter- und Gesellschaftsverhältnisse, linke Perspektiven und radikale Globalismen diskursiv verhandelt werden. 

Unbequeme Fragen

Die Veranstaltungsreihe will dabei nicht "lesbisch-schwule Wellness-Oase" sein, sondern versucht, unbequeme Fragestellungen in Bezug auf vorgeprägte schwullesbische Bilder zu stellen. Beim aktuellen Festivalschwerpunkt "Ausgestattet mit der Ideologie des edlen Leibes" im Wiener Theaterhaus "Brut" wird u. a. das Verhältnis von Schwulen zum Faschismus nicht nur von der Opfer-, sondern auch von der Täterseite, die Frage nach dem "schwulen Nazi" bzw. dessen Konstruktion, betrachtet: Gibt es einen "essenziellen" Zusammenhang von männlicher Homosexualität und faschistischen Tendenzen?

Ideologie des edlen Leibes

T. W. Adorno konstatierte einen "Typus des Homosexuellen, bei dem die Begeisterung für das Virile sich mit der für Zucht und Ordnung paart, und der, ausgestattet mit der Ideologie des edlen Leibes, zur Hetze gegen andere Minoritäten bereit ist". Das könnte programmatisch für Jörg Haiders "Buberlparti" und andere protofaschistische Männerbünde mit ihren fließenden Übergängen zwischen Homosozialität und Homoerotik stehen.

Das dreitägige Festival bietet amüsante bis heftige Praxis: Nach "schwerem Diskurs" am frühen Abend von den Wiener & Berliner TheoretikerInnen Gerhard Scheit, Ljiljana Radonic, Astrid Hanisch, Marcel Wolters, Karina Korecky u. a. werden Positionen, Fragmente, Variationen und Widersprüche über (Homo-)Sexualität, Produktion von Männlichkeiten und faschistischer Ideologie behandelt. Danach reicht das Programm von der Lecture-Performance "Mein Camp" von toxic dreams, bis zu Konzerten vom singenden Popeye Rummelsnuff, Djane Teutonia feat. Dr. Didi Bruckmayr und einer Rocktuntismus-Schau mit Nin Com Poop feat. Bulbul. Als Sideshow gibt es die Sadomaso-Schmuddelecke "Club Homohölle", und spätnachts sorgen schließlich die DJ-Lines von u.
a. Rhinoplasty oder Madame Snivlem für weitere Beschallung. (red)