Die tschechischen Kommunisten (KSCM) sind die einzige unreformierte kommunistische Partei Mittel- und Osteuropas. Dennoch sitzen sie als drittstärkste Fraktion im Prager Abgeordnetenhaus. Umfragen zufolge könnte das auch nach den Parlamentswahlen am 28. und 29. Mai so bleiben. Allerdings machen ihnen zwei neue Parteien den dritten Platz streitig. Eine davon, die rechtsliberale Top09, wird von Karel/Karl Schwarzenberg geführt, Ex-Außenminister und Oberhaupt einer der ältesten böhmischen Adelsfamilien.

Man könnte das eine subtile Rache der Geschichte nennen. Denn die Kommunisten waren es, die nach ihrer Machtübernahme im Februar 1948 den Adel enteigneten und sich nach der Wende 1989 der Restitution, wenn auch vergeblich, widersetzten. 1946 hatten die tschechoslowakischen Kommunisten (KSC) immerhin, als einzige Ostblock-KP in freien Wahlen, die relative Mehrheit errungen. Ihre bis heute relativ starke Verankerung im Volk erklärt sich wohl auch aus der jahrhundertelangen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dominanz des böhmischen Adels.

Zwei neue Bücher umfassen diesen spannenden Bogen. Der tschechische Journalist Vladimír Votýpka schickt seinem ersten Werk über den böhmischen Adel während des Kommunismus nun ein zweites nach. Darin schildert er, wiederum in einzelnen Lebensgeschichten, was sich in Böhmens einstiger Nobilitas seit Wende und Restitution getan hat.

Und der österreichische Historiker Peter Hallama beleuchtet in akribischem Quellenstudium, wie die KSÈ ab 1948 die Wiener Tschechen "auf Linie" zu bringen versuchte, als Teil einer weltpolitischen Mission, die sie sich als "westlichster Vorposten des Sozialismus" zugedacht hatte. (Josef Kirchengast/DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2010)