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Der ausgebrannte Zug im Stollen von Kaprun. Trotz Gerichtsurteils wird über die Ursache der Katastrophe bis heute gestritten.

Foto: APA/Neumayr

Salzburg - Die Gruppe nennt sich "Gerechtigkeit für Kaprun". Ihr Ziel laut eigener Homepage: "Die widersprüchlich erklärten technischen Ursachen der Brandkatastrophe Kaprun am 11. November 2000 zweifelsfrei aufzuklären und die Verantwortlichen zu überführen." Im Stollen der Bahn auf das Kitzsteinhorn sind 155 Menschen ums Leben gekommen. Am Montag hatte der neu gegründete Verein "Gerechtigkeit für Kaprun" in Salzburg seinen ersten Medienauftritt. In den Hauptrollen: Rechtsanwalt Gerhard Podovsovnik aus Wien und der deutsche Techniker Hans-Joachim Keim.

Anwalt Podovsovnik versucht, namens zahlreicher Hinterbliebener eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zur Causa Kaprun zu erreichen. Sein Argument: Es lägen neue Beweise vor. Sollte die Wiederaufnahme nicht möglich sein, dann strebt er eine Verurteilung der Republik Österreich durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof an, da ein faires Verfahren hierzulande nicht möglich sei. Die Verfahren würden unnötig in die Länge gezogen. Die Justiz versuche, alles auf Verjährung anzulegen.

Techniker Keim hat Gutachten erstellt, in denen er zu einem völlig anderen Ergebnis kommt, als einst die Österreicher im Kaprun-Prozess. Sie sind Podovsovniks Argumentationsansatz. Kurz gefasst: Nicht ein Konstruktions- und Produktionsfehler des im Führerstand der Seilbahn eingebauten Heizlüfters sei brandauslösend gewesen, sondern Hydrauliköl hätte sich an dem unsachgemäß eingebauten Gerät entzündet. "Das Ganze war eine bedingt vorsätzliche Brandstiftung", meint Keim. Der Sachverständige war längere Zeit für den Hersteller des Heizlüfters, die deutsche Firma Fakir, als Gutachter tätig.

Inzwischen ist auch Richter Manfred Seiss ins Visier von "Gerechtigkeit für Kaprun" geraten. Dieser hatte 2004 alle 16 Beschuldigten im Strafprozess freigesprochen. Seiss sei bewusst eingesetzt worden, vermutet Hubertus Godeysen. Godeysen hatte 2009 in einem deutschen Wochenblatt schwere Attacken gegen die österreichischen Behörden geritten. Titel eines Artikels: "Gerechtigkeit für Kaprun". Beim Medientermin des gleichnamigen Vereines am Montag saß er folgerichtig auch am Veranstalterpodium.

Bordellbetreiber als Zeuge

Als Beweis, dass Seiss seinerzeit bewusst als Richter nominiert worden war, präsentierte Godeysen einen ehemaligen Salzburger Bordellbetreiber. Für das Finanzstrafverfahren des Mannes war Seiss vor dem Kaprun-Prozess zuständig. Ihm habe Seiss damals telefonisch mitgeteilt, dass er "auf Weisung" mit der Causa Kaprun befasst sei, bestätigte Godeysens "Zeuge" den Medienvertretern.

Von wem und zu welchem Zweck Seiss bestellt worden sei, konnte Godeysen nicht sagen. Statt dessen gab es Persönliches: Seiss arbeite als Fremdenführer, sein Richterjob sei "reiner Brotberuf". Und es sei bekannt, "dass er dem weiblichen Geschlecht in blonder Form" zugetan wäre. (Thomas Neuhold/DER STANDARD-Printausgabe, 18.5.2010)