Der Charme des Begriffs Finanztransaktionssteuer liegt darin, dass sich niemand so recht etwas darunter vorstellen kann - auch viele, die vehement danach rufen, wissen nicht recht, was da eigentlich wie besteuert werden soll. Hauptsache, es trifft endlich einmal das böse Großkapital, zwielichtige Spekulanten und sonstige Feindbilder, die der rote Kanzler und der Präsident des schwarzen Wirtschaftsbundes gemeinsam pflegen.

Die Grundidee ist simpel: Wer Geld hin und her bewegt, soll dafür eine kleine Abgabe zahlen - 0,5 Promille hat Christoph Leitl, der Chef des Wirtschaftsflügels der ÖVPund nebenbei Kammerpräsident, zum Schrecken von Josef Pröll, ÖVP-Chef und nebenbei Finanzminister, vorgeschlagen. Das würde bedeuten: Wer nur 1000 Euro im Monat hat, die er auch ausgibt, würde also mit zweimal 50 Cent belastet. Ein Investor, der dutzende Millionen bewegt, müsste pro Million und Transaktion bereits 500 Euro berappen - solange die Transaktion über ein österreichisches Konto geht. Ließe sich dadurch jemand von einem seriösen Investment abschrecken? Wohl kaum, weder in der Realwirtschaft noch bei langfristigen Wertpapiergeschäften.

Anders ist es allerdings, wenn man die Steuer nur auf Börsengeschäfte beschränkt: Eine reine Börsenumsatzsteuer würde die Wiener Börse tatsächlich hart treffen. Und mit ihr all die Vorsorge- und Pensionskassen, die in Vertretung kleiner Anleger in heimische Papiere investiert haben. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 18.5.2010)