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"Ein tödlicher Cocktail" für den Gebührenfunk braut sich da zusammen: Werbekrise und damit härterer Verteilungskampf mit den Privatsendern. Neue Onlinekonkurrenz. Schwindende Akzeptanz für Rundfunkgebühren gerade unter jungen Menschen. Und wenn öffentlich-rechtliche Programme auf Fernsehgeräten, Mobiltelefonen und PCs laufen - was zählt da noch als Empfangsgerät, wo beginnt die Gebührenpflicht?

Wenn Fernsehen keine Frage des Fernsehgerätes mehr ist

Das Bild vom "tödlichen Cocktail" tauchte dieser Tage im schmucken Hotel Maritim in Bonn auf. Zasterfahnder aus 13 Ländern zerbrachen sich dort zusammen mit Wissenschaftern den Kopf über die Zukunft der Rundfunkgebühren in Zeiten der Medienkonvergenz. In Zeiten also, wenn Fernsehen keine Frage des Fernsehgerätes mehr ist.

Nach Bonn geladen hatte Jürgen Menedetter. Der Chef der ORF-Zasterfahndung GIS ist Präsident der Broadcasting Fee Association, in der die Gebührensammler aus 13 Länder ihre Erfahrungen und Perspektiven austauschen.

"Wir alle stimmen überein, dass die vom Empfangsgerät abhängige Rundfunkgebühr auf lange Sicht einer geräteunabhängigen Gebühr weichen muss. Ob das nun eine Abgabe für Haushalte, für Bürger oder gar eine Steuer ist": So fasste Manfred Kops die eineinhalb Tage Gebührendebatte zusammen. Kops leitet das Institut für Rundfunkökonomie in Köln.

Ostermayer skeptisch

In Deutschland braucht die Sicht gar nicht so lange: Vor wenigen Tagen plädierte der deutsche Rechtswissenschafter Paul Kirchhoff in einem Gutachten für die deutschen Bundesländer für eine Haushaltsabgabe unabhängig vom Gerätebesitz (der Standard berichtete). Schon Anfang Juni wollen die dafür zuständigen Bundesländer darüber entscheiden. Erste Reaktionen auf Kirchhoffs Vorschläge waren positiv. 2013 könnte es in Deutschland ernst werden. 2013 will auch die Schweiz auf eine vom Gerät unabhängige Rundfunkgebühr umsteigen, hieß es bei der Konferenz. Auch in Norwegen plädiere ein Gutachten dafür. Finnland hat den Umstieg beschlossen - doch inzwischen geriet das Modell wieder "in die politische Debatte", klagte ein finnischer Experte.

Österreichs Parlamentsparteien diskutieren gerade ein neues ORF-Gesetz. Am Rundfunkgebührengesetz wird bisher nicht geschraubt. Dabei entgehen dem ORF laut GIS "im schlimmsten Fall" bis zu 25 Millionen Euro jährlich, seit der Verwaltungsgerichtshof entschied: Wer - etwa mangels ORF-Satkarte - den Küniglberg nicht empfangen kann, braucht nicht zahlen. So argumentiert auch Medienstaatssekretär Josef Ostermayer. Das Staatssekretariat wollte Kirchhoffs Gutachten aber prüfen.

Steuer

"Vor ein paar Jahren hätte ich eine Rundfunksteuer indiskutabel genannt. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mich mit der Idee anfreunden." Wolfgang Schulz, Rechtswissenschafter am renommierten Hamburger Bredow-Institut, war damit bei der Konferenz nicht allein. Wenn sich dennoch die Unabhängigkeit der Sender vom Staat garantieren lasse. Aber schon jetzt müssen deutsche Länderparlamente die Höhe der TV-Gebühren absegnen. "Verfassungsrechtlich begrenzter Spielraum" der Parlamente für eine zweckgebundene Steuer "könnte eine Lösung sein", findet Schulz.

Klaus Illgner-Fehns, Geschäftsführer des Münchner Institut für Rundfunktechnologie, sinnierte in Köln grundsätzlich über die Akzeptanz von Rundfunkgebühren: "Es ist leichter zu vermitteln, dass man für einen bestimmten Service zahlt als dafür, dass man ein Gerät besitzt." (Harald Fidler, DER STANDARD Printausgabe 17. Mai 2010)