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Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird mittlerweile von vielen gefordert. Die Börse Wien befürchtet jedoch einen Liquiditätsabfluss, wenn dies im österreichischen Alleingang geschieht.

Foto: Reuters/Bensch

Wien – Der Vorschlag von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, Österreich solle mit einer Finanztransaktionssteuer auch durchaus einen Alleingang wagen, falls Initiativen in der EU und Eurozone scheitern, löste eine heftige innenpolitische Diskussione aus. Skepsis bis Ablehnung kamen am Montag vor allem aus Leitls eigenen (ÖVP-)Reihen, während sich Vertreter aller anderen Parteien, allen voran Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), positiv äußerten.

Unter dem Motto "Österreich muss vorausgehen" hatte Leitl vorgeschlagen, schon zum Jahreswechsel eine geringfügige Spekulationssteuer auf Finanzbewegungen einzuführen. "Die Politik diskutiert jetzt seit Ausbruch der Finanzkrise und kommt nicht vom Fleck. Die Leute werden immer ungehaltener. Und wenn das auf internationaler oder europäischer Ebene nicht möglich ist, muss Österreich den Anfang machen und einmal vorausgehen", sagte der WKÖ-Chef im ORF-Radio. Sein Vorschlag: eine Steuer in der Höhe von 0,05 Prozent.

Faymann auch für Alleingang

Faymann stieß in seinem Eröffnungsreferat zur SPÖ-Klubklausur im Burgenland ins selbe Horn und sagte, Österreich sollte eine Finanztransaktionssteuer auch im Alleingang einführen, wenn es auf der EU-Ebene nicht klappen sollte: "Wenn wir auf nationaler Ebene tätig werden müssen, werden wir es auch tun."

Der SPÖ-Chef bekräftigte, dass eine Budgetkonsolidierung notwendig sei, weil Staaten mit hoher Verschuldung den Finanzmärkten ausgeliefert seien. Diese müsse aber sozial gerecht erfolgen. Und ob die Verteilung von einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen nun 40:60 oder 50:50 sei, das sei zweitrangig. Die von der SPÖ vorgeschlagenen Maßnahmen der Finanztransaktionssteuer, der Bankenabgabe, der Schließung von Schlupflöchern oder der Erhöhung von vermögensbezogenen Steuern würden eine Erhöhung von Massensteuern nicht notwendig machen. Die SPÖ habe ihre Pläne auch vor den Landtagswahlen auf den Tisch gelegt, betonte Faymann (siehe dazu auch derStandard.at/Inland).

"Schaden für Finanzmarkt"

Mit Skepsis reagierte hingegen das Büro von ÖVP-Chef und Finanzminister Josef Pröll auf Leitls Vorschlag. Mit einem Vorpreschen könnte sich Österreich ins eigene Fleisch schneiden und Kapital ins Ausland treiben, heißt es.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, ebenfalls von der ÖVP, wies die Forderungen nach einem österreichischen Alleingang zurück. "Diese Steuer belastet nur den Wiener Finanzmarkt und schmälert für die Unternehmen die Möglichkeit, Eigenkapital über die Börse zu beschaffen", so Mitterlehner in einer Presseaussendung. Die Forderung nach einem Alleingang sei schädlich für Österreichs Unternehmen und Arbeitsplätze. Notwendig sei vielmehr die Schaffung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Wiener Börse warnte schon am Sonntag per Aussendung davor, dass ihr durch eine Finanztransaktionssteuer auf nationaler Ebene zwei Drittel des Aktienumsatzes verlorengehen könnten. Denn dieses Volumen werde von ausländischen Marktteilnehmern gehandelt, die ins Ausland abwandern würden.

Unterstützung bekam Leitl allerdings von ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll. "Natürlich wäre eine Finanztransaktionssteuer auf internationaler Ebene gescheiter, aber wenn das nicht geht, sollte das Österreich allein machen", so Stummvoll im "Kurier".

Schieder: Alleingang "begrüßenswert"

Aus der SPÖ kam durchwegs Zuspruch zu Leitls Vorschlag. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hält einen Alleingang für "begrüßenswert", sollte sich "bis Herbst" in der EU-weiten Diskussion in dieser Sache nichts tun. Konkret würde es sich dabei um eine neue, modifizierte Börsenumsatzsteuer handeln, so Schieder. Eine befürchtete Kapitalflucht wäre damit "begrenzt", auch Standortnachteile für Österreich ergäben sich dadurch keine, glaubt der Staatssekretär. Erfahrungen anderer Länder, beispielsweise in Großbritannien oder der Schweiz, wo es ähnliche Abgaben gebe, würden dies bestätigen.

Ein Alleingang Österreichs sei durchaus möglich, sagte auch Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

Kogler: Österreich soll Druck machen

Für den Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler wäre eine europäische Finanztransaktionssteuer zwar optimal, er hält aber auch einen Alleingang Österreichs in Form einer Börseumsatzsteuer für sinnvoll und möglich. Den Vorschlägen Faymanns schenkt Kogler keinen Glauben: "Wenn diese Steuer aber am 1. Jänner 2011 wirksam werden soll, dann müssen die Eckpunkte der Steuerkonzepte spätestens im Sommer vorliegen", so der Grüne Budgetsprecher.

Im Übrigen müssten die Regierungsparteien erst einmal klären, wovon sie eigentlich sprechen, von einer innerösterreichischen Finanztransaktionssteuer oder Börseumsatzsteuer. In jedem Fall ist Kogler dafür, dass Österreich in Sachen Finanztransaktionssteuer international Druck machen sollte. Schließlich habe sich der Internationale Währungsfonds in einer Studie gegen die (internationale) Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausgesprochen, und auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte erst am Wochenende eine Einführung als "schwierig" bezeichnet.

FPÖ verlangt "durchgerechnetes Modell"

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl fordert von Faymann, dieser solle ein "durchgerechnetes Modell" zur Finanztransaktionssteuer vorlegen. Darin müsse auf Punkt und Beistrich genau ausgeführt sein, was diese Steuer dem Land bringe und auch, ob Österreich Nachteile dadurch drohen würden, wenn es hier als einziges Land vorpresche. Unterm Strich müsse ein deutliches Plus für Österreich übrig bleiben, dann könne man darüber reden, so Kickl. Österreich dürfe sich nicht hinter dem "Nein" Berlins verstecken, meinte heute auch der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer.

Wifo-Chef Karl Aiginger, der auf der SPÖ-Klubklausur in Frauenkirchen ein Referat hielt, äußerte sich ablehnend zu einem österreichischen Alleingang. Seiner Auffassung nach sollte die Finanztransaktionssteuer zumindest in Mitteleuropa gleichzeitig umgesetzt werden. (red/APA/Reuters)