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Kursverfall in der Ukraine: Die Landeswährung Griwna stürzte 2009 ab, Fremdwährungskredite verteuerten sich schlagartig.

Foto: Reuters

Hunderttausende Ungarn haben in den vergangenen Wochen wohl jede neue Wendung in der Griechenland-Krise mitverfolgt. Für sie stand viel auf dem Spiel. Denn die Turbulenzen in der Eurozone haben den Forint neuerlich auf Talfahrt geschickt.

Die ungarische Währung war 2009 abgestürzt, hatte sich aber wieder bei rund 265 Forint je Euro stabilisiert. Als es ihn Athen in der ersten Maiwoche krachte, stürzte der Forint auf den tiefsten Wert seit einem halbenJahr ab. Über Nacht hatten sich die Fremdwährungskredite von rund 1,7 Millionen Ungarn verteuert.

Der Forint konnte wieder an Boden gut machen, doch die Episode hat das Problem der exzessiven Vergabe von Fremdwährungskrediten in weiten Teilen Ost- und Zentraleuropas vor Augen geführt. Die Osteuropabank EBRD will Devisendarlehen mit einer neuen Initiative eindämmen, am Samstag sollen Details bei der Jahrestagung der Organisation in Zagreb präsentiert werden.

Die EBRD strebt dabei eine Erweiterung der Wiener Initiative an. Die im Jänner 2009 gegründete Wiener Initiative ist eine Vereinbarung zwischen Internationalen Organisationen (wie EBRD und IWF), Banken und Regierungen. Vereinfacht gesagt haben die Banken im Rahmen der Initiative zugesagt, sich nicht aus Osteuropa zurückzuziehen, wofür sie milliardenschwere günstige Kredite von EBRD und Co bekamen.


Mehr Forint, Zloty und Leu

Im Rahmen der neuen "Vienna-Plus" Initiative soll im selben Kreis wie bisher beraten werden. Diesmal wird es aber um die Stärkung der lokalenWährungen gehen. Die Zahl der Fremdwährungskredite ist in Osteuropa seit den späten 90er-Jahren explodiert, im Baltikum etwa notieren mehr als 80 Prozent der Darlehen in Devisen. Die Schwäche dieses Systems wurde 2009 deutlich, als unzählige der Ost-Währungen an Wert verloren.

Nach Ansicht der EBRD ist Osteuropa von Dollar, Yen und Franken so abhängig, weil es keine intakten lokalen Währungsmärkte gibt. Es wird zu wenig mit Forint, rumänischen Leu oder ukrainischen Griwna gehandelt. Wird das Handelsvolumen der lokalenWährungen erhöht, sollen die Zinsen sinken wodurch Fremdwährungskredite weniger interessant werden. So weit die Theorie.

Praktisch will man zunächst bei der Staatsfinanzierung Änderungen, sagte die führende EBRD-Ökonomin Piroska Nagy in Zagreb dem Standard. Die Regierungen in Osteuropa verschulden sich derzeit selbst primär in Fremdwährungen. Damit soll Schluss sein. Staatsanleihen sollen in der Region künftig in Lokalwährung begeben werden.

Damit die Papiere auch wer kauft, will EBRD lokale Pensionskassen aufbauen helfen. Und die Osteuropabank will Kredite künftig selbst primär in Lokalwährungen vergeben. Die multinationale Bank ist der größte Einzelinvestor in der Region.

Doch gegen eine zu strikte Vorgangsweise regt sich bereits Widerstand. Ohne Fremdwährungskredite auf Euro-Basis droht das Wachstum abgewürgt zu werden, warnt Federico Ghizzoni, Osteuropachef der UniCredit. Erste-Bank-Chef Andreas Treichl stellte bei einer Diskussionsveranstaltung in Zagreb in Frage, ob es viel Sinn macht, lokale Währungen zu stärken, wenn das Land - etwa so wie im Falle Ungarns - ohnehin in den kommendenfünf Jahren dem Euro beitreten könnte.

Julia Király, Vizechefin der ungarischen Notenbank, widersprach allerdings. Schließlich könne niemand neue Krisen bis zu Ungarns Eurobeitritt ausschließen.

Laut EBRD soll die neue Initiative Kredite in Yen, Franken und Dollar endgültig zum Versiegen bringen. Euro-Kredite sind politisch und wirtschaftlich vielfach heikler, sie sollen wenn überhaupt nur eingedämmt werden. Für den Kunden macht es freilich keinen Unterschied, in welcherWährung er verschuldet ist.  (András Szigetvari aus Zagreb, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.5.2010)