Der Brunnenmarkt als Schlagwort für multikulturelles Miteinander und Vorzeigegrätzl für Integration.

Foto: derStandard.at/Graf

Der Yppenplatz, wo sich in den vergangenen Jahren vermehrt Studenten und Jungfamilien ansiedeln.

Foto: Heribert CORN

Das Gelände der Ottakringer Brauerei.

Foto: Robert Newald

Ergebnis Ottakring Gemeinderatswahl 2005. Quelle: wien.gv.at

Foto:

Ergebnis Ottakring Bezirksvertretungswahl 2005. Quelle: wien.gv.at

Foto:

Der Yppenplatz ist für Wien, was der Prenzlauer Berg für Berlin ist: das neue Mekka des multikulturellen Miteinanders. Wobei weniger des Mit- denn des friedlichen Nebeneinanders. Denn der 16. Wiener Gemeindebezirk erlebt seit der Jahrtausendwende einen Ansturm urbaner Erfolgsmenschen. Eine Art innerstädtische Völkerwanderung zieht die jungen hippen Studenten, Kreativen und Jungfamilien in ein Viertel, dessen Wohngebiet man in einigen Bereichen als heruntergekommen bezeichnen kann. Sie drücken diesem Viertel ihren Stempel auf und machen aus der "Tristesse eine Idylle für eklektische Besserverdiener", wie die Zeitung "Die Zeit" einmal über das ähnliche Phänomen in Berlin schrieb.

Ottakring hat den fünfthöchsten Anteil an Migranten in Wiener Bezirken, der Brunnenmarkt wurde in den vergangenen Jahren zum Schlagwort für multikulturelles Miteinander, zum Vorzeigegrätzl für Integration. Insgesamt knapp 95.000 Einwohner hat der Bezirk, in dem Viertel rund um den Brunnenmarkt wohnen 7000 Menschen, 41 Prozent von ihnen sind Ausländer. An den dortigen alten Zinshäuser hat der Zahn der Zeit genagt, sie werden von der Bezirksverwaltung gerade um 2,4 Millionen Euro renoviert.

Friedliches Neben- statt Miteinander

Ottakring beherbergt - so scheint es - jede mögliche gesellschaftliche Lebensform: Es geht von der uncharmanten Gegend in Gürtelnähe über die Mischung Wohlhabender und weniger Reicher, dem Miteinander von Aus- und Inländern bis hin zu den Cottagevierteln an den Hängen des Wienerwalds, wo die Reichsten wohnen.

Der Schein des bunten gemeinsamen Treibens trügt jedoch: Von außen betrachtet reihen sich zwar Galerien, Grafikbüros, Bioläden und Straßencafes an Marktstände und türkische Lebensmittelgeschäfte, auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass hier jeder lieber für sich bleibt. Die reicheren Inländer drängen in die Immobilien und die Infrastruktur, die Ausländer ziehen sich in ihre Lokale und Blöcke zurück.

Ein Anziehungspunkt für Jungfamilien

Auf dem Immobilienmarkt legt der Bezirk rasant an Beliebtheit zu, vor allem wegen der Verbindung zwischen dem Grün auf der einen und der städtischen Nähe auf der anderen Seite. Der Durchschnittsottakringer ist jünger als der Durchschnittswiener - die Zahl der 15 bis 59-Jährigen liegt deutlich höher als im Wien-Durchschnitt - die Anzahl der Kinder ein wenig höher.

150 Meter vom Brunnenmarkt entfernt liegt der Yppenplatz, der in den vergangenen Jahren zum neuen, schicken Grätzl mutierte: Studenten und Jungfamilien, die junge, urbane Szene fühlt sich seit der Jahrtausendwende vermehrt dazu berufen, dort hinzusiedeln. Der Platz, der gemeinsam mit dem Brunnenmarkt 550 Betriebe beheimatet, ist der neue Treffpunkt der so genannten Bobos (bourgeois Bohemiens). Die Gefahr, dass der Bezirk ob der beiden verschiedenen Welten auseinanderdriftet, besteht. Deshalb buttert die Gemeinde seit Jahren Geld in den Bezirk, um die Infrastruktur zu modernisieren und Substandardwohnungen herzurichten.

SPÖ hat die Absolute

Ottakring wird bereits seit 1946 von der SPÖ dominiert. Franz Prokop ist seit 2004 Bezirksvorsteher. Seine Herausforderer, die Bezirksobleute der anderen Parteien sind Werner Suppan (VP), Christian Hein (FP) und Martin Grabler (Grüne).

Dennoch ist der Bezirk fest in SP-Hand, was nicht nur daran liegt, dass der momentane Bürgermeister Michael Häupl hier lebt. Knapp 52 Prozent der Ottakringer wählten bei den bisher letzten Wien-Wahlen 2005 die SPÖ. ÖVP und FPÖ lagen mit je 15 Prozent gleichauf. Die Grünen erreichten 14 Prozent der Stimmen.

Das 16er Blech und die Meinl Rösterei

Bis zum Zweiten Weltkrieg gab es eine große Anzahl von Industriebetrieben, danach folgte eine Ausgliederung der Fabriken aus den Wohngebieten. Die bekanntesten bestehenden Betriebe sind die Ottakringer Brauerei, die letzte verbliebende Großbrauerei Wiens, deren Bier im Wienerischen auch als „16er Blech" firmiert. Außerdem gibt es eine Rösterei der Firma Julius Meinl und Liegenschaften des Marmeladenherstellers Staud. (nik, derStandard.at, 17.5.2010)