Als wären sie unsagbar erschöpft davon, so schön zu sein: Die Hurts.

Foto: Sony

Dass Theo Hutchcraft und Adam Anderson privat ganz gerne Soul und R'n'B hören, drängt sich in ihren weltabgewandt erscheinenden Elektropop-Balladen wirklich nicht in den Vordergrund - aber hey: Die Cardigans outeten sich schon lange als Black Sabbath-Fans, bevor sie selbst zu rocken begannen; irgendwo mag das Spurenelement also bereits stecken. Vielleicht darin, dass die Stücke der Hurts unter der auf Hochglanz polierten Oberfläche so gar nicht steril sind. Statt dessen: Drama! Big time!

Hurts: "Wonderful Life"

... und wenn ein Song wie die im Jänner veröffentlichte erste Single "Wonderful Life" mal so richtig elegisch ausgefallen ist, lässt sich mit einem kleinen gezielten Bruch verhindern, dass die Traurigkeit überwältigend wird. Die begnadete Ausdruckstänzerin im Schwarzweiß-Video zu "Wonderful Life" sieht nicht wenig nach der Last-Minute-Idee eines Song Contest-Teams aus, das erst kurz vor dem Auftritt die Langsamkeit des Beitrags entdeckt hat und zur klassischen Notstrategie greift: "Stellen wir doch einfach eine Ballerina zwischen ihnen ab." - Nur dass der Bruch und die daraus resultierende Komik hier geplant waren.

Live präsentiert sich der Sound ohnehin etwas krachiger - da kann Theo ruhig in Max-Raabe-Manier hinter dem Mikro stehen und sich auf ein paar ausdrucksstarke Gesten beschränken. Milde Reste von einst: In der Formation The Daggers hatten sich die beiden Musiker mit Wahlheimat Manchester zuvor einer deutlich turbulenteren Version von Postpunk gewidmet. Der erhoffte Erfolg blieb allerdings aus und stellte sich - nicht zuletzt in Form eines Plattenvertrags mit Sony - erst ein, als sie in jeder Beziehung auf die Bremse traten. Die Tempo-Obergrenze markiert die nun erschienene zweite Single "Better Than Love": Manchester-Dancefloor reinsten Wasser - Tanzen mit Salztropfen im Auge.

Hurts: "Better Than Love"

Wer in den 80ern bereits im tonträgerkauffähigen Alter war - und laut unseren UserInnen-Analysen ist das die überwältigende Mehrheit -, auf dessen innerem Bildschirm wird augenblicklich eine endlose Reihe britischer Bands vorbeiziehen: Spandau Ballet, China Crisis, OMD, Style Council, und und und. Da wurden Sound-Gipfel in Sachen luxuriöser und sorgsam von jedem Makel befreiter Schönheit aufgeschüttet, die nie wieder erklommen wurden - bis jetzt zumindest.

Retro? Definitiv. Das wird auch auch ganz gezielt so nach außen getragen: Durchgehend monochrom die Ästhetik, und wenn im August das Debüt-Album der Hurts erscheint, dann wird es mit seiner schlichten Covergestaltung - weiß der Bandname auf schwarzem Hintergrund - so zurückhaltend Joy Division schreien, wie es überhaupt nur geht. Wien ist nicht die einzige Stadt, die sich ihrer Musikgeschichte bewusst ist. (Josefson)