Bis zum Schluss blieb sich Gordon Brown treu. Trotz der klaren Wahlniederlage seiner Labour Party blieb der Schotte noch fünf Tage in der Downing Street sitzen, angeblich aus staatspolitischer Verantwortung. In Wirklichkeit versuchten Brown und sein Team verzweifelt, eine Regenbogen-Koalition zu zimmern: Labour, Liberaldemokraten, eine Grüne, schottische und walisische Nationalisten, deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, keine Konservativen zu sein. Als der Plan am Dienstag endgültig scheiterte, begab sich der Premier Hals über Kopf zur Queen, bevor Tories und Liberaldemokraten noch ihr Bündnis besiegeln konnten. Nachfolger David Cameron musste sein Amt nominell als Chef einer Minderheitsregierung antreten. Viele schöne Worte konnten nicht über die Schäbigkeit von Browns Vorgehen hinwegtäuschen.


Zum Verhängnis wurden Brown seine Zögerlichkeit und seine Selbstüberschätzung. Zehn Jahre hatte er als Schatzkanzler seinem Freundfeind Tony Blair das Leben als Premier schwer gemacht. Als Brown endlich Blair vom Hof gejagt hatte, erwies sich, dass der versierte Finanzpolitiker zum Chef nicht taugte. Die globale Finanzkrise gab ihm eine unverhoffte Gelegenheit zu glänzen, beherzt konstruierte er ein Bankenrettungspaket, das weltweit Nachahmung fand. Mag sein, dass er in Zukunft auf internationalem Parkett Verwendung findet. Als ihren Regierungschef haben ihn die Briten zu Recht abgewählt. (Sebastian Borger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.05.2010)