Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP

Am Tag nach dem Kursfeuerwerk an den Börsen war die Party am Dienstag auch schon wieder vorbei. Die Rückkehr in die Realität wurde von massiver Kritik am Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) begleitet, die mit ihrer Ankündigung zum Aufkauf von Staatsanleihen ihrer Mitgliedsländer für neue Verunsicherung sorgt.

Die verbale Breitseite Richtung EZB kam prompt: "Der Ankauf von Staatsanleihen birgt erhebliche stabilitätspolitische Risiken, und daher sehe ich diesen Teil des Beschlusses des EZB-Rats auch in dieser außerordentlichen Situation kritisch", sagte etwa Axel Weber, Präsident der Deutschen Bundesbank, der Börsen-Zeitung.

Auch die Frage, wie freiwillig die EZB ihre Trendwende beim Thema Staatsanleihen vollzogen hat, stand am Dienstag im Zentrum. EZB-Chef Jean-Claude Trichet soll beim Gipfel vonseiten der Politik - allen voran von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy - massiv unter Druck geraten sein. Insider berichten von lautstarken Auseinandersetzungen. Sarkozy soll den Kauf von Staatsanleihen vehement eingefordert haben.

Die neue Linie der EZB bringt auch den Ruf der Institution ins Wanken. In Summe berge ihr Vorgehen einen "Verlust von Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit", kommentiert Marco Annunziata, Chefökonom der italienischen Großbank UniCredit, die Lage.

Hinzu kommt die Kritik, dass trotz Rettungsschirms Maßnahmen für eine strengere Fiskalpolitik noch immer fehlen und die Zahlungsfähigkeit mehrerer Euro-Staaten trotz des Stabilitätspakets bedroht bleibt.

EZB bleibt im Notfall-Modus

Für die EZB heißt die neue Linie auch, dass sie "weiterhin im 'Notfall-Modus' verharren muss, während die US-Notenbank Fed ihre Geldpolitik graduell normalisieren kann und vielleicht schon Ende des Jahres den nächsten Zinserhöhungszyklus einleiten kann", erklärt Ulrich Leuchtmann, Währungsstratege der Commerzbank.

Die Fed wird in den kommenden Monaten ihr neues Einlagenprogramm "Term Deposit Facility" testen. Dabei bietet die Notenbank den Kreditinstituten Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu 84 Tagen an und schöpft damit die Überschussliquidität im Bankensystem ab. Anders sieht es in Europa aus. Nachdem die EZB erste Schritte ihrer Exit-Strategie umgesetzt hat und sich von Zwölf- bzw. Sechsmonatskrediten verabschiedet hatte, zwingt sie die Schuldenkrise der Euro-Zone zur Umkehr. Die EZB bietet wieder Dreimonatstender mit Vollzuteilung zu einem festen Zinssatz und einen Sechsmonatstender an.

Euro gibt nach

Für die Gemeinschaftswährung blieb das nicht ohne Folgen: Der Euro sackte zeitweise bis auf 1,2690 US-Dollar ab und war damit nur noch knapp vom Tiefststand von 1,2672 US-Dollar entfernt, den der Euro vor dem Rettungspaket erreicht hatte.

Aber auch die Spekulanten, gegen die die Chefs der Euro-Länder ins Feld ziehen wollten, zeigen offenbar Muskeln. "Die Spekulanten dürften sich vom Kraftakt der Euro-Staaten nicht wirklich abschrecken haben lassen", sagt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank. Er führt den Euro-Kursrückgang auch auf Zocker zurück, "die nicht bereit sind, kampflos das Feld zu räumen".

Für neue Unruhe sorgt die Ratingagentur Moody's. Sie hat eine mögliche Herabstufung der Kreditwürdigkeit Portugals und Griechenlands angekündigt. Zuletzt hatte S&P die Bewertung für Griechenland auf "Ramsch"-Status gesenkt. (bpf, DER STANDARD, Printausgabe, 12.5.2010)