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Im südafrikanischen Durban wurde rechtzeitig zur WM ein neuer Flughafen eröffnet

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Infografik: Dokus Südafrika- der WM-Gastgeber

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Am "Soccer Friday" geht es in Südafrika besonders ausgelassen zu, die Vorfreude auf die Fußballweltmeisterschaft hat im Endspurt vor dem Weltereignis zugenommen: Freitags tragen Angestellte der Banken knallgrüne und gelbe Fußballtrikots mit der Aufschrift: "Ke Nako - Es ist Zeit". Fernsehmoderatoren streifen gern ein solches T-Shirt über, auch Kellner und Parkwächter, oft zur Unterstützung der Nationalmannschaft "Bafana Bafana". An vielen Auto-Antennen wedelt die Nationalflagge in Kleinformat. Hatten sich Fifa-Funktionäre noch vor Monaten über einen Mangel an Fußball-Atmosphäre beklagt - jetzt ist sie da. Und damit die Gelegenheit, Südafrika von seiner besten Seite zu präsentieren.

Präsident Jakob Zuma preist die Weltmeisterschaft als einzige, großartige Möglichkeit, der Welt die Vielfalt und das Potenzial der Nation und des gesamten Kontinents zu bieten. Danny Jordaan, Chef des einheimischen Organisationskomitees, vergleicht die Zeit sogar mit dem Ende der Apartheid, als Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft freigelassen wurde. Auch damals habe Südafrika allen Skeptikern zum Trotz der Welt einen friedlichen Übergang in die Demokratie vorgeführt.

Aber die Frage ist schon lange nicht mehr, ob Südafrika das sportliche Weltereignis stemmen wird und damit weltweit Beachtung erhält - sondern was danach kommt. Südafrika hat für die Verbesserung der Infrastruktur im Land viel Geld ausgegeben, laut Kritikern mehr, als sich ein Entwicklungsland erlauben kann. Präsident Zuma beteuert, die WM werde wirtschaftlichen Profit bringen, fast 66.000 direkte Arbeitsplätze schaffen und einen Betrag zum Bruttosozialprodukt von fast fünf Milliarden Rand (knapp 500 Mio. Euro) leisten.

Doch eine klare politische Vision für Südafrika scheint er nicht zu haben. Mehr und mehr soziale Proteste zeigen den Frust in den armen Schwarzensiedlungen, die Menschen machen ihrem Unmut über die schlechten Lebensumstände Luft - oftmals mit Gewalt. Sie wollen ihre Regierung in die Verantwortung nehmen, von der WM werden sie nicht profitieren. Die soziale Schere klafft auseinander. Trotz guter Ticketverkäufe in Südafrika in den vergangenen Wochen bleibt die WM für die Armen unerreichbar, sie werden höchstens in den Fanparks das Ereignis feiern können.

Zuma hat bisher nicht mit klaren Worten auf die Proteste in den Townships reagiert. Stattdessen debattiert die Regierungspartei ANC eine mögliche Verstaatlichung der Minenindustrie. Zudem steckte Südafrika immer noch in der schwersten Rezession seit 20 Jahren.

Empörung über Hetzreden

Julius Malema, der radikale Präsident der ANC-Jugendliga, hat die Atmosphäre zusätzlich angeheizt. Das Singen des alten Kampfliedes Kill the Boer (Tötet den Farmer) sollte Stimmung machen bei seinen Auftritten, doch die weiße Organisation "Afriforum" zog mit Erfolg vor Gericht: Hetzreden verstoßen gegen die Verfassung des modernen Südafrika. Aber auch ANC-Führer sind über Malema verärgert. Mit seinen Kommentaren nach dem Mord am weißen Rechtsextremisten Eugene Terreblanche - etwa mit dem Lob über die Enteignungspolitik Simbabwes - bringe er die Partei in Verruf, so die Kritik.

Zuma, der sein Amt auch dem Lobbying der ANC-Jugendliga verdankt, erklärte, nicht er, sondern der ANC sei für die Disziplinierung Malemas verantwortlich. Ein solches Verfahren hat der ANC jetzt eingeleitet. "Das Ausmaß der Bestrafung von Malema hängt davon ab, wie einflussreich seine Befürworter in den oberen Strukturen des ANC sind", meint die politische Kommentatorin Mohau Pheko.

Prince Mashele vom Zentrum für Politische Studien in Johannesburg erläutert: "Malema verkörpert die Interessen der Nationalisten im ANC, sie unterstützen ihn und drücken damit ihre Interessen durch - auch wenn sie hier und da mit seiner provokativen Art nicht einverstanden sind." Damit geht es in Südafrika kurz vor der WM politisch schon längst um die Positionierung der verschiedenen Flügel innerhalb des ANC, rechtzeitig zur Nationalkonferenz im Jahre 2012. (Martina Schwikowski aus Johannesburg/DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2010)