Die Angst vor einem Übergreifen der Griechenland-Krise auf andere südeuropäische Staaten ist der Hauptgrund für die beispiellose Intervention der EU, die am Sonntag eingeleitet wurde. Tatsächlich scheint die Sorge nicht ganz unbegründet zu sein, wie die Marktentwicklung in der vergangenen Woche zeigte.

Für Portugal und Spanien wurde die Aufnahme von Kapital ebenso wie für Griechenland immer teurer. Die Verzinsung von Staatsanleihen in Athen schnellte am Freitag wegen des Ausverkaufs der Papiere auf knapp 13 Prozent, in Lissabon auf mehr als sechs Prozent und in Madrid auf 4,6 Prozent. Bei diesen Konditionen drohen die Sparbemühungen der Staaten zunichte gemacht zu werden, selbst wenn die Ausgangsposition weit günstiger ist als jene von Griechenland. Erst Freitagabend hat Portugal angekündigt, das Defizit um einen Prozentpunkt stärker nach unten zu drücken und heuer 7,3 Prozent Neuverschuldung anzupeilen. Dazu sollen zwei große Infrastrukturprojekte - ein neuer Flughafen in Lissabon und eine dorthin führende Brücke über den Fluss Tejo - auf Eis gelegt werden.

Auch Italien ist trotz des vergleichsweise geringen Budgetdefizits wieder ins Blickfeld internationaler Investoren geraten. Auch wenn die Verschuldung der Haushalte relativ gering erscheint, könnten sich Spekulanten angesichts der Nervosität im Euroraum gegen Rom richten, meinten Marktteilnehmer. Immerhin liegen die Ausleihungen des Landes im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung weit über jenen Spaniens oder Portugals.

Italien benötigt nach Auffassung Mailänder Ökonomen 60 Milliarden Euro, um den versprochenen Schuldenabbau durchzuführen. Das ist doppelt so viel wie von der Regierung Berlusconi geplant. Grund für die höheren Sparanforderungen seien laut Medienberichten die "zweckoptimistische Wachstumsprognose" und die wenig transparente Haushaltspolitik der Regierung. Auch belasten erhöhte Zinszahlungen die Schuldenbilanz. Allein die Finanzkrise der vergangenen Woche habe eine Zunahme der Zinslasten von 0,8 Prozent verursacht. Die Spekulationswelle hat Italien inzwischen voll erfasst.

Italiens Regierung verneint hingegen jegliche Gefahr einer Schuldenkrise. Dass Italien zu den schuldengefährdeten Euro-Staaten gehöre, wird in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.

Während der Internationale Währungsfonds ein Wachstum von nur 0,8 Prozent im laufenden und von 1,2 Prozent im kommenden Jahr prognostiziert, erwartet Rom heuer eine Zunahme der Wirtschaftsleistung von 1,1 und 2011 von 1,5 Prozent. Gleichzeitig erhöhte Rom die Prognose für die Staatsschuld von 116,9 Prozent des BIP im laufenden Jahr auf 118,4 Prozent. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2010)