Von Amerlings Bruder.

Foto: Sotheby's

War es Bruderliebe oder eine praktikable Lösung? Mehrere Male saß Joseph, Friedrich von Amerlings um 15 Jahre jüngerer Bruder, dem Großen Modell. Der verpasste ihm dann die Montur eines Fischerjungen (1830, Gemälde in der Österreichischen Galerie Belvedere), verewigte ihn als Studenten (1829, Gemälde in der Mährischen Galerie Brünn) oder in einem 1829 ausgeführten Knabenporträt. In der Öffentlichkeit war dieses Porträt des Elfjährigen zuletzt 1877 in einer Ausstellung sowie 1903 im Zuge einer Auktion präsentiert worden und verschwand anschließend in Privatbesitz.

Am 2. Juni gelangt es jetzt bei Sotheby's in London (19th Century Paintings) zur Auktion und soll umgerechnet zwischen 70.000 und 93.500 Euro (60.000-80.000 Pfund) bringen. Bevor es Joseph womöglich für immer in die Ferne verschlägt, gewährt er allerdings ein letztes Rendezvous.

Gemeinsam mit anderen Gemälden österreichischer Provenienz gastiert das Werk am 19. Mai einen Tag lang in der Wiener Niederlassung. Zu dieser potenziell letzten Stippvisite auf heimischem Boden versammeln sich darüber hinaus Rudolf von Alt (Ansicht von Salzburg, 10.000-15.000 Pfund), Franz Richard Unterberger (Manderaggio in La Valletta, 20.000-30.000 Pfund), Franz von Defregger (Mädchenakt, 8000-12.000 Pfund) oder Hans Makart (Selbstporträt, 15.000-20.000 Pfund). Einer der letzten öffentlichen Auftritte könnte auch Anton Romakos Ungarischem Bauernhof bevorstehen. 2009 wurde er von der Österreichischen Galerie Belvedere an die Erben nach Wilhelm Freund restituiert und soll ihnen nun ein Einspielergebnis von umgerechnet 7000 bis etwa 9300 Euro (6000-8000 Pfund) bescheren.

Am Format scheitert hingegen Leo Reiffensteins Teilnahme am Tagesausflug nach Wien. Die 400 mal 296 cm große Leinwand verbrachte die letzten Jahrzehnte als Leihgabe im Depot des SalzburgMuseums. Dort ist zwar für 2012 eine Ausstellung zum Werk des Makart-Schülers geplant, das 1891 ausgeführte Gastmahl des Heliogabals hätte aber die vorgesehene Präsentationsfläche gesprengt. Die Nachfahren des Künstlers entschlossen sich zu einem Verkauf an den Wiener Kunsthandel. 70.000 Euro, die unter den zehn Erben aufgeteilt wurden. Via Giese & Schweiger kam es zu Sotheby's und soll die Kassen mit 117.000 bis 175.000 Euro zum Klingeln bringen. (kron, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 08./09.05.2010)