Es geht um existenzielle Entscheidungen, vielfach sogar ums nackte Überleben: Asylwerber, denen auch in der Berufung kein Schutz zuerkannt wurde und für die das inakzeptabel ist, wenden sich mit gutem Recht an die nächsthöhere Instanz. Dass ihnen dafür seit bald zwei Jahren nur noch ein Weg offensteht - jener der Grundrechtsbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof, weil Asylberufungen beim Verwaltungsgerichtshof vom Gesetzgeber verunmöglicht wurden -, hat sich inzwischen zu einem der zentralen Rechtsdefizite Österreichs entwickelt.

Denn nicht nur, dass sich in dem gekappten Instanzenzug eine Geringschätzung von Flüchtlingsbelangen ausdrückt. Infolge des "Verwaltungsgerichtshofsverbots" hat sich auch ein beträchtlicher Teil der asylrechtlichen Last auf die Verfassungsrichter verlagert. Mit der Folge, dass das Höchstgericht zu zwei Drittel zum menschenrechtlich präzisen Asylsenat geworden ist - und für alle Sprüche weit länger braucht als früher. Obwohl es sich auch bei den anderen Dingen nicht um Kleinigkeiten handelt, etwa Ortstafelfragen und Datenschutz. Und auch diese Beschwerdeführer das Recht haben, rasch Aufschluss zu bekommen.

Rechtsstaat und Bürgernähe ist das abträglich. Und dass die Sache nicht einmal durch die Verwaltungsreform repariert werden soll, ist kurzsichtig. Aber etwas ändern, was als Maßnahme zum Vorteil von "Asylanten" kommuniziert werden könnte, traut sich derzeit offenbar niemand.(Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 6.5.2010)