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Karola Kraus tritt am 1. Oktober die Nachfolge Edelbert Köbs an. Das Programm gibt sie erst im November bekannt.

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Standard: Wie war es nun: Haben Sie sich, wie Kulturministerin Claudia Schmied sagt, beworben oder wurden Sie gefragt?

Kraus: Mir wurde von privater Seite nahegelegt, mich zu bewerben.

Standard: Von sich aus hätten Sie das nicht vorgehabt?

Kraus: Gute Frage. Da mein Vertrag in Baden-Baden erst 2012 ausläuft, habe ich an eine Bewerbung erst nicht gedacht. Als ich von privater Seite darauf angesprochen wurde, habe ich es mir doch noch einmal überlegt. Ich habe einen Brief an das Ministerium geschrieben und mein Interesse bekundet.

Standard: Die Ministerin hat Ihren Namen am 22. März bekanntgegeben - in Ihrer Abwesenheit. Was war in Baden-Baden wichtiger?

Kraus: Ich hatte eine große Ausstellungseröffnung. Und ich wollte mich der Öffentlichkeit erst nach Abschluss der Vertragsverhandlungen zeigen. Die gab es damals noch gar nicht.

Standard: Kennen Sie mittlerweile Ihr Gehalt?

Kraus: Ja. In den Bewerbungsgesprächen mit der Ministerin wurde ich über die Größenordnung informiert. Ich hätte die Stelle nicht angenommen, wenn ich über die Rahmenbedingungen nicht Bescheid gewusst hätte.

Standard: Österreich - ein goldenes Pflaster fürMuseumsdirektoren?

Kraus: Die Stellen in Österreich sind sicher besser bezahlt als in Deutschland. Aber goldenes Pflaster halte ich doch für übertrieben.

Standard: Sie hatten einige Wochen Zeit, um ein Programm zu entwickeln. Dennoch sind Sie immer noch enttäuschend unkonkret.

Kraus: Die Berufung war ja erst kürzlich. Man muss mir schon ein paar Wochen Zeit lassen ...

Standard: Die hatten Sie ja jetzt ...

Kraus: Aber ich habe erst gestern mit den Kuratoren gesprochen. Es ist nicht meine Art, die Öffentlichkeit zu informieren, ehe ich die Künstler in meine Pläne eingeweiht habe.

Standard: In der Pressekonferenz nannten Sie als eines Ihrer Anliegen das Aufspüren junger Talente. Die von Ihnen gleichzeitig angekündigte Gegenüberstellung der 60er- und 90er-Jahre klingt aber nicht ganz danach.

Kraus: Das Mumok ist meiner Ansicht nach nicht unbedingt die Plattform für Akademiestudenten. Aber in regelmäßigen Abständen werde ich der jüngsten Szene ein Forum bieten. Ob ich dafür einen separaten Raum etablieren oder sie in thematischen Gruppenausstellungen zeigen werde, weiß ich noch nicht.

Standard: Die Sammlung der Familie, die Galerie Ihrer Schwester: Dieses Family-Kunst-Business ist heikel. Künstler, die bei Ihrer Schwester unter Vertrag sind, steigen durch eine Museumsausstellung im Wert, auch die Grässlin-Sammlung kann museal aufgewertet werden. In der Wirtschaft würde man sagen: Man muss Sie unter Beobachtung stellen.

Kraus: Diese Aufgabe werden das Ministerium, das Kuratorium und das Publikum sicher übernehmen. Ich habe in den letzten Jahren versucht, Überschneidungen zu vermeiden. Aber wenn ich einen Künstler für international bedeutend erachte, kann es dazu kommen. Ich gehe damit aber sehr dosiert um.

Standard: Was sind Ihre persönlichen Vorlieben?

Kraus: In den letzten Jahren habe ich mein Ausstellungsprogramm sehr auf die amerikanische Minimal Art, auf die Farbfeldmalerei, auf die Konzeptkunst fokussiert. Und das sind auch die Bereiche, die ich persönlich sehr schätze. Sie werden daher auch Eingang ins Mumok finden.

Standard: Sind das nicht auch Schwerpunkte der Sammlung Grässlin?

Kraus: Ja, es gibt Exponate in der Sammlung, aber sie bilden bisher keine Schwerpunkte. Es ist nicht einfach, sie zum Schwerpunkt zu machen: Falls man Schlüsselwerke überhaupt noch am Kunstmarkt bekommt, kosten sie mittlerweile sehr viel.

Standard: Schwerpunkte der Mumok-Sammlung sind Pop-Art, Aktionismus, Happening. Edelbert Köb, der scheidende Direktor, hat hier weitergesammelt. Planen Sie andere Schwerpunkte?

Kraus: Eine neue Leitung bringt immer auch Verlagerungen. Meine erste Ausstellung wird zeigen, wo die neuen Schwerpunkte liegen werden.

Standard: Es gibt eine Konkurrenzsituation und Überschneidungen zwischen Mumok, Albertina, Mak und Österreichischer Galerie. Wie wollen Sie sich abgrenzen?

Kraus: Mir scheint wichtig, mit den Direktoren in einen regen Austausch zu treten. Es braucht eine gewisse Transparenz: Welches Museum bringt welche Ausstellung? Dosierte Konkurrenz belebt das Geschäft. Dennoch bin ich kein Mensch, der sich über Konkurrenzdenken definiert.

Standard: Köb kämpfte um ein Mumok21. Ist das Projekt von Ihnen ad acta gelegt?

Kraus: Ich möchte zunächst die Sammlung innerhalb dieses Hauses würdig präsentieren. Die Zeit wird weisen, wie groß der Platzmangel ist. Momentan hat für mich die Erweiterung nicht die oberste Priorität.

Standard: Köb hat auch den öffentlichen Raum bespielt. Werden Sie das fortsetzen?

Kraus: Ich kann mir schon vorstellen, in den öffentlichen Raum zu gehen. Aber im Sommer stehen im Museumsquartier überall die Enzi-Liegen. Da jetzt auch noch zeitgenössische Kunst zu platzieren scheint mir schwierig. Einen Rummelplatz der Kunst will ich nicht gestalten.

(Andrea Schurian und Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 06.05.2010)