Wien - Die Charterabschiebung von über 20 Afrikanern - großteils nigerianischen Staatsbürgern, unter ihnen auch zwei Fußballer der Wiener "Sans papiers"-Mannschaft - am Dienstagabend ist nur einer von einer ganzen Reihe Rückkehrflügen, die die österreichischen Behörden in Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, Frontex, durchführt. "Wien hat sich in den vergangenen Jahren zur EU-weiten Drehscheibe für solche Abschiebeflüge entwickelt", erläutert Karl Kopp; Europareferent der deutschen Flüchtlingshilfsorganisation pro asyl.
Neue Zahlen aus dem Innenministerium in Wien, die dem Standard vorliegen, belegen diese Aussage. Ihnen zufolge gingen von den 2009 schengenweit insgesamt 30 durchgeführten sogenannten Frontex-Kooperationsflügen elf von Wien aus. Die Ziele waren Nigeria, Gambia, Georgien, Armenien und der Kosovo. Zehn weitere Abschiebeflieger mit Destinationen in Afrika und den Balkanstaaten starteten 2009 in österreichischer Alleinverantwortung ab Wien.
Für die in österreichischer Verantwortung stehenden kollektiven Frontex-Kooperationsflüge, die Teil des konzertierten EU-Fremdenwesens sind, werden Abzuschiebende aus der gesamten EU zuerst nach Wien gebracht - am Dienstag zum Beispiel aus dem deutschen Düsseldorf. Am Flughafen Wien-Schwechat steigen sie in den Abschiebeflieger um - zusammen mit den Polizeibeamten aus dem jeweiligen Herkunftsstaat.
Laut dem deutschen Flüchtlingsexperten Kopp führt das "nicht zuletzt zu Problemen der rechtlichen Kooperation". Die Vorschriften im Umgang mit Abzuschiebenden seien "in den verschiedenen Mitgliedsstaaten immer noch recht unterschiedlich". Die EU-Rückführungsrichtlinie, die am 24. Dezember 2010 in Kraft treten wird, werde das ändern. Menschenrechtliche Verbesserungen wiederum erhofft Kopp von einer in Vorbereitung befindlichen "Frontex-Verordnung über Flugabschiebungen".
Protest am Flughafen
In Wien fand am Dienstag eine Demonstration gegen die Flugzeugabschiebung statt. Für den Abend kündigte die Gruppe "Sans papiers" eine Protestkundgebung am Flughafen an. Tagsüber übten Rechtsvertreter der Schubhäftlinge Kritik am harten Kurs der Fremdenpolizei. Kontakte zu den Mandanten würden verunmöglicht. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 5. Mai 2010)