Viel Licht, viel Platz, viele helle Farben: Die Kinder, die die Ganztagsvolksschule im Campus Monte Laa besuchen, verbringen auch einen Großteil ihrer Freizeit in der Schule. Kreativräume, Kuschelecken und großzügige Außenanlagen sorgen für Abwechslung.

Foto: Robert Newald

Wien - "In der alten Schule musste ich zu Hause immer noch die Hausübungen machen", erzählt Ana, "aber seitdem ich hier bin, können wir alle Aufgaben in der Schule machen." Ana ist neun und besucht die Ganztagsvolksschule am Campus Monte Laa in Favoriten. Meist ist sie bis 15.30 Uhr in der Schule, manchmal auch länger, am Freitag dafür oft nur bis Mittag. Unterricht, Freizeit und Kreativkurse sind über den ganzen Tag verteilt. Eine tägliche Turnstunde ist für die Kinder in Monte Laa eine Selbstverständlichkeit. Im Außenbereich bieten Grünanlagen mit Klettergerüsten viel Raum für Bewegung, Terrassen können sowohl für die Freizeit als auch als Outdoor-Klassenzimmer benutzt werden.

Eine Schule in jedem Bezirk

In Wien gibt es derzeit 23 Volksschulen, vier Hauptschulen sowie drei AHS, die ganztägig geführt werden. Bei der Volksbefragung im Februar haben sich drei Viertel für den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen ausgesprochen, in den nächsten Jahren sollen mindestens 20 neue Ganztagsschulen entstehen. Österreichweit soll es bis 2013 nach den Plänen von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SP) in jedem Bezirk eine ganztägig geführte Schule mit sogenanntem verschränkten Unterricht geben.

Was bei der seit Jahren geführten Debatte um Ganztagsschulen nur selten thematisiert wird, ist die Frage nach den baulichen Erfordernissen. Eine Küche und einen Speisesaal einzubauen reicht nicht. "Wenn ich den ganzen Vor- und Nachmittag hier verbringe, dann ist das etwas ganz anderes, als nur von 8 bis 12 Uhr in der Schule zu sein", sagt die Campus-Direktorin Irene Jagersberger. Das Wichtigste, das man den Kindern bieten müsse, sei Abwechslung im Tagesbetrieb, Raum zur Entfaltung, aber auch Nischen zur Erholung und zum individuellen Rückzug. "Die Kinder sind nicht nur zum Lernen hier, sondern verbringen hier auch einen Teil ihrer Freizeit."

"Auf all das muss die Architektur Rücksicht nehmen", sagt Saša Bradići vom Wiener Architekturbüro NMPB, das für die Architektur des Campus Monte Laa verantwortlich zeichnet. "Raumbedarf und Bewegungsdrang sind größer, das Angebot an zusätzlichen Tätigkeiten in der Schule ist viel reichhaltiger." Während die regulären Unterrichtsräume mit 63 Quadratmetern den Richtlinien des Wiener Schulbaus entsprechen müssen, fallen die zusätzlichen Räume für tiefergehenden Förderunterricht sowie für die Freizeitbetreuung aus dem Rahmen. Räume können flexibel zugeschaltet, Lerngruppen je nach Bedarf geteilt oder auch zusammengelegt werden. Statt der grünen Tafel an der Wand gibt's Wuzler, Couch und Kuschelecke. 32 Millionen Euro hat die Errichtung des Campus gekostet.

Weitaus schwieriger ist die Umgestaltung bestehender Schulbauten für den Ganztagsbetrieb. "Eine genaue Auskunft über die Adaptierbarkeit des österreichischen Schulbestands zu erteilen ist nahezu unmöglich", sagt Karin Schwarz-Viechtbauer, Direktorin des Österreichischen Instituts für Schul- und Sportstättenbau (siehe Interview). Es gebe kein zentrales Register, in dem erfasst wird, wann die Schulen errichtet worden sind. "Hier muss im Einzelfall geprüft werden."

Die kürzlich gegründete Plattform "SchulUMbau", eine Initiative der Köck Privatstiftung, an der Architekten, Pädagogen und Fachleute aus der Schulverwaltung beteiligt sind, soll dabei als Thinktank fungieren. "Heutige Schulbauten sind schön oder energiesparend, aber in keiner Weise innovativ konzipiert", sagt der an der Plattform beteiligte Architekt Christian Kühn von der TU Wien. "Ganztagsschule geht nicht, ohne Wände niederzureißen."

Eine Schule, in der nicht nur Wände eingerissen, sondern zwei getrennte Gebäude mit einem Glasbau verbunden wurden, ist die Volksschule Novaragasse 30 in der Leopoldstadt.

Dabei sei die Ausgangslage für den Umbau vergleichsweise gut gewesen, betont Rolf Bellak von der MA56. Die Schule wurde durch den Verbindungsgang mit der früheren Hauptschule in der Blumauergasse 21 von acht auf zwölf Klassen erweitert. Neben Kreativ- und Freizeiträumen hat die Schule auch einen eigenen Theaterraum mit Bühne, Ballettstangen und Spiegeln. Im Schulhof wurden ein Ballkäfig und ein Spielplatz errichtet.

Eine Schwierigkeit beim Umbau ist, dass viele Schulen in Wien in Gründerzeithäusern untergebracht sind. "Es ist schon vorgekommen", sagt Bellak, "dass die Adaptierung den finanziellen Rahmen derart gesprengt hätte und ein anderer Standort für die Adaptierung als Ganztagsschule gesucht werden musste." (Wojciech Czaja und Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2010)