Noch sind reine Download-Angebote nicht abgehoben, doch wie bei Musik zeichnet sich langfristig auch bei Filmen ein klarer Trend in Richtung Internet-Dienste ab.

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Die wirtschaftliche Verwertungskette eines neuen Spielfilms startet bisher mit einer groß angelegten Kinovermarktung. Nach der Veröffentlichung der DVD beziehungsweise Blu-ray folgt der Verleih über die Videotheken. Am Schluss läuft ein ehemaliger Blockbuster im Free-TV und wird - in endlosen Wiederholungsschleifen verramscht. Der Film Avatar von James Cameron, dessen DVD-Verkauf gerade mit einem neuen Rekord startete, durchläuft gerade diese Kette.
Die gradlinige Verwertung von Filmen kommt aber ins Wanken. Ursache der Turbulenzen ist wieder einmal das Internet. Anders als im Musikbereich ist daran aber nicht allein das illegale Angebot der Raubkopien schuld, sondern auch legale Online-Angebote, die zu einem wichtigen Faktor für die Film-Vermarktung werden. Angesichts des wirtschaftlichen Erfolges von Online- und Download-Angeboten stellt sich die Frage, ob die Tage von DVD und Blu-ray gezählt sind.

Ohne Ladenschluss: Video-on-Demand

Es gibt inzwischen viele verschiedene Geschäftsmodelle und Übertragungsarten, um Spielfilme, Serien und Fernsehsendungen online zu beziehen. Den größten Umsatzzuwachs und Verbreitungsgrad haben die Video-on-Demand-Angebote. Unabhängig von den Öffnungszeiten einer Videothek erhält man bei den Internetdiensten von Alice, Maxdome oder Videoload Spielfilme zu jeder Tages- und Nachtzeit. Auch der Pay-TV-Sender Sky plant den Aufbau eines Video-on-Demand-Bereiches. Bei Anixe oder T-Home gibt es das Filmangebot inzwischen sogar in HD-Qualität. (Weitere Internetdienste)

Schatzkisten der Fernsehsender: Mediatheken

Wer Fernsehsendungen wie Dokumentationen oder Nachrichten sucht, wird vor allem in den Mediatheken fündig. So wie der ORF (tvthek.orf.at) bieten inzwischen alle großen Fernsehsender ein Online-Archiv ihres Programms an. Eine gute Übersicht der Mediatheken im deutschsprachigen Raum findet sich auf den Seiten von Online-Filme.org. Für englischsprachige Sendungen ist der iPlayer der BBC eine interessante Fundgrube.
Technisch ein wenig anders funktioniert das IPTV: Das Fernsehprogramm wird mithilfe des Internetprotokolls (IP) über eine DSL-Breitbandverbindung übertragen. Eine Set-Top-Box beim Empfänger wandelt das eingehende Signal für die Fernsehwiedergabe um. Der Zuschauer muss sich beim Anbieter anmelden, um das Programm zu empfangen. Dann kann er aber neben dem aktuellen Fernsehempfang auch Filme abrufen. Einer der größten Anbieter in Österreich ist die Telekom Austria (aonTV); daneben gibt es andere Anbieter.

Man kauft nur noch Flüchtiges

Der große Unterschied zum Kauf einer DVD: Man hat nichts mehr in der Hand. Je nach Anbieter und Geschäftsmodell bezahlt man für das genutzte Angebot (Pay-per-View) - unabhängig davon, ob man den Film im Live-Stream, also in Echtzeitübertragung schaut, oder als Download mit Ablauffrist erhält (Download-to-Rent). Einige Anbieter bieten Abonnements mit einem fixen monatlichen Programmvolumen oder sogar Flatrates an. Im besten Fall darf man den Download ohne Beschränkungen behalten (Download-to-Own).
Was fehlt, ist das Kauferlebnis einer echten silbernen Scheibe mit Cover zum Heimtragen, Auspacken, Anschauen und ins Regal stellen. Den Download-Filmen fehlen aber auch die zusätzlichen Angebote einer DVD oder Blu-ray - wie Bonus Tracks, Making-ofs oder Audiospuren mit weiteren Sprachen. Oft ist die Qualität eines Spielfilms aus dem Internet nicht mit der Version auf Blu-ray zu vergleichen.

Neue Mediennutzung der nächsten Generation

Der große Vorteil gegenüber einer Videothek besteht darin, dass Online-Filme immer verfügbar sind und man sich nicht mit Leihfristen und Öffnungszeiten beschäftigen muss. Die zeitliche Unabhängigkeit der on-Demand-Angebote spricht vor allem die junge Generation an. Die jährliche Online-Studie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland ARD/ZDF kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die 14- bis 29-Jährigen Medien auf eine neue Art nutzen. Die Über-50-Jährigen schauen noch wie gewohnt fern: Filme und Nachrichten werden dann angesehen, wenn die Fernsehsender sie ausstrahlen. Für die nachkommende Generation gibt es diesen linearen Medienkonsum kaum noch. Das Programm soll sich der eigenen Zeitaufteilung anpassen und dann verfügbar sein, wenn man es sehen will - auch nachts um drei.

Die Technik wächst zusammen

Die jungen Mediennutzer bringen eine wesentliche Voraussetzung mit, die für den Erfolg des Online-Angebotes gegenüber der DVD und Co. entscheidend ist: ein Ende der Trennung von Computer, Internet und Fernsehen. In den meisten Haushalten mündet das Internet immer noch in den Computer am Schreibtisch. Im Wohnzimmer stehen DVD-Player und Fernseher, die nur selten eine Online-Verbindung aufweisen. Diese Komponenten zusammenzuführen ist aber unablässig, damit sich die neuen Vertriebskanäle zu einem Massenangebot ausweiten können. Was Medienwissenschaftler seit Jahren als Konvergenz der Geräte und Systeme diskutieren, ist für die junge Generation zur selbstverständlichen Form der Mediennutzung geworden. Der Computer ist zur zentralen Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsplattform geworden. Der Durchbruch zu einer wirklichen Veränderung ist also nur eine Frage der Zeit, wird aber noch dauern.

Die Zahlen heute

Angesichts der aktuellen Zahlen ist es noch ein weiter Weg bis zur Marktübernahme des legalen Download-Handels. Der Bundesverband Audiovisuelle Medien bilanzierte für das Jahr 2009 einen Rekordumsatz von DVD und Blu-ray. Im vergangenen Jahr wurden über 112 Millionen Bildtonträger verkauft, eine Steigerung von neun Prozent gegenüber 2008. Der durchschnittliche Verkaufspreis sei zwar gesunken, die Verkaufszahlen lägen aber erstmals über der Anzahl der Verleihvorgänge, erklärt der Bundesverband weiter.
Nach Angaben des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels in Deutschland e.V. ist der überwiegende Anteil der Videotheken am Verleihgeschäft von 83 Prozent auch im vergangenen Jahr ungebrochen geblieben. Der Anteil der Internet-Videotheken - also Internetdienste, die Leih-DVDs verschicken wie Videobuster oder Lovefilm - stagniert bei neun Prozent. Die Video-on-Demand-Angebote konnten zwar von drei Prozent (2008) auf fünf Prozent (2009) Anteil am Umsatz zulegen, spielen damit aber immer noch nur eine marginale Rolle.
Für die großen Produzenten ist der digitale Vertriebsweg ein Zukunftsmarkt. So sagte der Chief Financial Officer von Time Warner, John Martin, vor einiger Zeit, dass die Steigerungsraten im Video-on-Demand-Bereich erheblich über denen des DVD-Geschäftes liegen würden; gleichzeitig sei die Unit Contribution im Online-Verkauf um das Dreieinhalbfache höher.

Stolpersteine auf dem Weg

Bevor DVD und Blu-ray sich ernsthafte Sorgen um ihre Zukunft machen müssen, sind noch einige technische Schwierigkeiten im Online-Bereich aus dem Weg zu räumen. So ist zum Beispiel das Digital Rights Management (DRM), das Kopiermöglichkeiten und Nutzungsrechte eines Spielfilms einschränkt, ein ständiger Stolperstein. Immer wieder kommt es durch die DRM-Beschränkungen zu Problemen beim Abspielen der downgeloadeten Filme.
Auch das systemübergreifende Angebot ist noch nicht vollständig ausgereift. Viele Video-on-Demand-Angebote funktionieren bislang nur auf Microsoft Windows PC mit dem Media Player. Zuschauer mit Apple- und Linux-Rechnern schauen allzu oft in die - schwarze - Röhre.

Der Weg zum Erfolg

Einen schnellen Sieg des Online-Vertriebs von Filmen, Serien und Sendungen wird es nicht geben, so wie sich auch Buch und Zeitung gegen die digitalen Angebote aus der elektronischen Welt und dem Internet behaupten. Mit der neuen Form der Mediennutzung und dem Zusammenwachsen der Hardware eröffnen sich allerdings neue Möglichkeiten für einen Massenmarkt. Videotheken und Medienfachmärkte werden die Konkurrenz zu spüren bekommen, für Internetangebote eröffnen sich neue Geschäftsmöglichkeiten. Neben den herkömmlichen Suchmaschinen werden die elektronischen Programmführer eine immer größere Rolle spielen. Diese Programmführer werden zu einer wichtigen Ergänzung der herkömmlichen Suchmaschinen. Diese Programmführer übernehmen in der Zukunft die Aufgabe, Filme und Programme in der Weite des Internets überhaupt zu finden. (Markus Drenckhan)