GRAFIK: STANDARD

Die sozialistische Pasok-Regierung von Giorgos Papandreou hatte bei den wochenlangen Verhandlungen mit den Vertretern der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) wenig Spielraum. "Zusammenbruch oder Überleben", "Konsolidierung oder Ausweglosigkeit" lauteten die Dilemmas. "Ich hatte die historische Verpflichtung, den Bankrott zu verhindern" und das "Vaterland zu retten", sagte der griechische Premier am Sonntag in einer emotionsgeladenen Ansprache vor seinem Kabinett.

"Unsere Mitbürger werden große Opfer bringen müssen, alles andere führt uns jedoch in die Katastrophe." Athen will sich zwar sobald wie möglich sein Geld wieder auf den internationalen Märkten borgen, aber zu normalen Bedingungen und nicht zu "Wucherzinsen". "Ich muss die Pressekonferenz jetzt abbrechen, das Flugzeug nach Brüssel wartet". Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou erhob sich und war weg - wie ein Gehetzter. Zurück blieben die Dutzenden Journalisten aus aller Herren Länder, die gerade aus seinem Mund vom "ehrgeizigsten Konsolidierungsprogramm", das je von einem Land in der Europäischen Union angepackt wurde, gehört hatten.

"Der kranke Mann"

Am stärksten bekommen den Sparkurs die Staatsbediensteten sowie die Konsumenten zu spüren. Der private Sektor wird kaum tangiert, denn der "große kranke Mann" in unserem Land sei der Staat, so Papandreou. Mehr als ein Drittel der Einnahmen geht an Gehalts- und Rentenzahlungen.

So soll der "Patient" nun saniert werden: Gehälter und staatliche Pensionen werden für drei Jahre eingefroren; allen Beamten, die über 3000 Euro brutto verdienen, werden das so genannte 13. und 14. Monatsgehalt (Oster-, Urlaubs- und Weihnachtsgeld) gestrichen, dasselbe gilt für die staatlichen und privaten Renten über 2500 Euro pro Monat. Unter diesen Obergrenzen werden noch symbolische Zulagen von 1000 bzw. 800 Euro ausgezahlt.

Schwere Rezession kommt

Angehoben werden außerdem die Mehrwertsteuersätze (der Höchstsatz von 21 auf 23 Prozent), die Steuern auf Zigaretten, Treibstoff und Spirituosen (plus zehn Prozent) sowie die Luxus- und Glücksspielsteuer (plus zehn Prozent). Weitere Einsparungen erfolgen bei den öffentlichen Investitionen, die um eine Mrd. Euro beschnitten werden. In Zusammenarbeit mit dem IWF will die Regierung Papandreou Mehreinnahmen durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung erzielen. Den Fiskus soll auch eine Sozialversicherungsreform entlasten: Die Beitragspflicht wird etwa von 37 auf 40 Jahre angehoben. Um das Bankensystem des Landes abzusichern und für Liquidität zu sorgen, plant man die Einrichtung eines Stabilitätsfonds mit Geldern aus IWF und EU.

Einfach wird es nicht für Papandreou und Co. Die Auszahlung der Kreditraten wird an die buchstabengetreue Umsetzung des Stabilitätsprogramms geknüpft. Alle drei Monate muss sich Griechenland einer strengen Kontrolle unterziehen. Erst wenn EU, IWF und EZB die Hausaufgaben als "erledigt" absegnen, fließen die Milliarden. Erschwert wird das Unternehmen zusätzlich durch die wirtschaftliche Lage.

Für heuer rechnet man mit einer drastischen Rezession von vier Prozent; erst ab 2011 soll es wieder aufwärts gehen. Wirtschaftsprofessor Charalambos Gotsis an der Universität von Piräus sagte: "Das Sparpaket wirft uns zehn Jahre zurück." Auf die Frage eines Journalisten, ob das Kabinett Papandreou dem Widerstand "von unten" gegen die neuen Maßnahmen etwas entgegenzusetzen habe, sagte Minister Papakonstantinou, "es gibt keinen anderen Weg". Ein Indiz für die Gemütslage des Volkes erhält der Regierungschef spätestens am Mittwoch, wenn die Mitglieder der zwei größten Gewerkschaften des Landes bei einem Generalstreik aufmarschieren werden.

Verteidigungsbudget

Für den griechischen Verteidigungshaushalt (sechs Mrd. Euro für 2010) sind unterdessen keine weiteren Einsparungen vorgesehen. Vielleicht kündigen ja Papandreou und der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan, der Mitte Mai in Athen erwartet wird, ein Ende des jahrzehntelangen Wettrüstens an. Finanzminister Papakonstantinou wäre sicher der erste Gratulant. (Robert Stadler aus Athen, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 3.5.2010)