Berlin - Vor neuen internationalen Klimagesprächen am Sonntag in Königswinter bei Bonn haben Experten einen Kurswechsel im internationalen Verhandlungsprozess über den Schutz des Weltklimas empfohlen. Es gelte, Konstruktionsmängel des Kyoto-Protokolls für Klimaschutz zu überwinden, heißt es in einem am Dienstag in Potsdam vorgestellten Bericht des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

Global statt national

Darin fordern die PIK-Experten Hans Joachim Schellnhuber und Daniel Klingenfeld sowie Lutz Wicke von der europäischen Wirtschaftshochschule ESCP eine globale Obergrenze für Emissionen statt der bisherigen nationalen Verpflichtungen. "Das Schema Klimabasar - jeder gibt so wenig, wie er kann - hat die Verhandlungen in die Sackgasse geführt", sagte PIK-Direktor Schellnhuber mit Blick auf die gescheiterte UN-Klimaschutzkonferenz von Kopenhagen.

Um dennoch die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen zu können, soll sich die Staatengemeinschaft den Experten zufolge auf eine globale Emissionsobergrenze von beispielsweise 35 Milliarden Tonnen Kohlendioxid für das Jahr 2015 einigen. In den Folgejahren solle dieser Grenzwert dann schrittweise reduziert werden.

Die Verteilung auf die Einzelstaaten soll diesem Vorschlag zufolge ausschließlich über ein Emissionshandelssystem umgesetzt werden, wobei die Emissionsrechte pro Kopf zugeteilt würden. Der Ausgangswert würde dabei bei etwa fünf Tonnen CO2 pro Person und Jahr liegen. Länder, die damit nicht auskommen, müssten Emissionsrechte zukaufen, während beispielsweise Entwicklungsländer nicht benötigte Rechte verkaufen könnten. Die Forscher greifen damit auch Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats der deutschen Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WGBU) für einen globalen "Budgetansatz" auf.

Das nächste Treffen

Auf Einladung der deutschen Regierung treffen sich ab Sonntag Umweltminister aus rund 45 Staaten auf dem Petersberg bei Bonn. Sie wollen sich in informeller Runde über den Fortgang der Klimaschutzverhandlungen bis zur nächsten UN-Klimakonferenz im Dezember im mexikanischen Cancun verständigen. Bisher von den einzelnen Staaten vorgelegte freiwillige Selbstverpflichtungen beim Klimaschutz würden nach Ansicht der Experten zu einer Erderwärmung von mehr als drei Grad bis Ende des Jahrhunderts führen. Nur eine Erwärmung bis zwei Grad gilt als gerade noch kontrollierbar. (APA)