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18.15 Uhr in Südkorea, 11.15 Uhr in Mittel-europa:Oh Eun-sun jubelt im TV und auf der Annapurna (15 Uhr).

Foto: APA/EPA

Kathmandu/Wien - Nachdem sie die Tae Geuk Ki, die südkoreanische Flagge, in den Gipfelschnee der 8091 Meter hohen Annapurna gerammt und "Sieg" , "Hurra" und "Danke, danke" gekeucht hatte, galten die ersten zusammenhängenden Worte von Oh Eun-sun den Lieben daheim: "Mama und Papa, ich vermisse euch. Nun komme ich nach Hause" , versprach die 44-jährige Extrembergsteigerin und rührte eine Nation zu Tränen.

Die war am Dienstag beim Abschluss von "Projekt 14" live dabei. 13 Stunden benötigte Oh in Begleitung dreier Träger und eines Kameramannes für ihre letzten Schritte in die Geschichtsbücher, die sie nun als erste Frau ausweisen werden, die alle 14 Achttausender unter den Bergen dieser Erde bestiegen hat. Quasi als weibliches Pendant zum Südtiroler Reinhold Messner, dem dieses Kunststück zwischen 1970 und 1986 gelungen war.

"Moped statt Rennrad"

Oh hat es innert 13 Jahren, aber unter völlig anderen Umständen geschafft - mit aufwändigen Expeditionen und vor allem mit künstlichem Sauerstoff. Besonders dies kritisierte am Dienstag Messners oftmaliger Partner Hans Kammerlander (53), der selbst auf 13 Achttausendern stand: "Ihre Unternehmung hat überhaupt nichts Sportliches an sich. Auf einen Achttausender mithilfe von Sauerstoffflaschen zu steigen ist in etwa so, wie den Giro d'Italia mit einem Moped statt einem Rennrad in Angriff zu nehmen."

Nicht anders wäre es Oh wohl möglich gewesen, seit 2008 acht Gipfel zu erreichen. Im Vorjahr waren es vier, wobei die Besteigung des Kangchendzönga umstritten ist. Vom "Kantsch" existiert nur ein Gipfelbild, auf dem Oh nicht kenntlich ist. Gleichwohl jubelte Südkoreas Präsident Lee Myung-bak über einen "Sieg des Menschen" , der zeige, "was eine Herausforderung ist" .

Das Quartett an Erfolgen 2009 hatte Oh in die Favoritenrolle jenes Wettrennens gebracht, welches die Konkurrenz mehr oder weniger heftig abgeleugnet hat. Vor allem die Oberösterreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, die im Vorjahr ihren zwölften Achttausender, den Lhotse, bestiegen hatte, am 13., dem K2, aber gescheitert war, wies diesbezüglichen Ehrgeiz stets von sich. "Das Höhenbergsteigen ist viel zu gefährlich, um darin einen Wettstreit sehen zu wollen" , sagt die 39-Jährige, die sich derzeit um den Mount Everest bemüht.

Ohs Erfolge hat Kaltenbrunner, die nur geringen Aufwand treibt und künstlichen Sauerstoff völlig ablehnt, kritisiert. "Mit selbstverantwortlichem Bergsteigen hat das nichts zu tun." Kammerlander: "Mit tut es wirklich leid um Alpinistinnen wie Kaltenbrunner, denn sie wollte dieses Ziel mit fairen Mitteln erreichen." (APA, lü - DER STANDARD PRINTAUSGABE 28.4. 2010)