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Beim gemeinsaem Treffen fixierten Putin (li.) und Bundeskanzler Faymann das South Stream-Geschäft

Foto: EPA/Herbert Neubauer

Verlauf von geplanter Nabucco-Pipeline und "Konkurrenzrouten".

Wien - Österreich und Russland haben am heutigen Samstag in Wien im Beisein der Regierungschefs beider Länder, Werner Faymann (SPÖ) und Wladimir Putin, ein Regierungsabkommen über den Bau der Erdgas-Pipeline "South Stream" unterzeichnet. Bei dem Abkommen geht es um den Rechtsrahmen, dass ein Teilstück des Projekts in Österreich realisiert wird. Das Abkommen wurde von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Russlands Energieminister Sergej Schmatko signiert.

Gazprom-Chef Alexej Miller und OMV-Chef Wolfgang Ruttensdorfer unterzeichneten außerdem ein Basisabkommen über die Zusammenarbeit der beiden Energieunternehmen. Sie wollen den österreichischen Teil der Pipeline von der österreichisch-ungarischen Grenze bis zum niederösterreichischen Gasspeicher Baumgarten gemeinsam errichten. "South Stream" soll die Versorgungssicherheit Europas mit russischem Gas erhöhen, da das Transitland Ukraine umgangen wird.

Faymann: Unterschiedliche Projekte kein "Gegeneinander-Aus-Spielen"

Faymann sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin im Bundeskanzleramt, dass 70 Prozent des Erdgases in Österreich aus Russland kommen. Er sprach von einer "Ergänzung zu erneuerbaren Energien", weil das Gas in Österreich gespeichert werden könne und daher im Bedarfsfall die heimische Energienachfrage zusätzlich bedienen kann. Faymann erwähnte in diesem Zusammenhang einen technischen Fortschritt in Richtung grüner Technologien.

Angesprochen auf die Konkurrenz der Gasprojekte Nabucco und South Stream sagte der Kanzler: "Ich sehe keinen Interessenskonflikt, im Gegenteil. Diversifikation bedeutet, man hat mehrere Möglichkeiten". Die Projekte seien kein "Gegeneinander-Aus-Spielen". Auch Mitterlehner strich in einer Aussendung hervor, dass die "alternative Transportroute" South Stream die Versorgungssicherheit Österreichs verbessere und zugleich seine Rolle als zentraler Handels- und Speicherpunkt von Erdgas stärke.

"Ich freue mich, dass wir diese zwei wichtigen Papiere unterzeichnen können", sagte Putin. "Wir wollen das Projekt (South Stream, Anm.) auf jeden Fall umsetzen." Der russische Premier klar, dass South Stream ein "Konkurrent" zu Nabucco sei. Putin fügte jedoch hinzu: "Wir stellen uns nicht gegen andere Projekte."

Putin zweifelt an Nabucco

Einmal mehr bezweifelte Putin jedoch die Realisierbarkeit des von der OMV getragenen Nabucco-Projekts, mit dem Europa an Gasvorräte im Kaspischen Raum kommen will. "Ehe man etwas baut, muss man erst Lieferverträge abschließen", sagte der russische Premier in Anspielung auf die noch offene Frage, welches Gas über Nabucco transportiert werden soll. "Für Nabucco gibt es noch keine Willigen." Daher stelle sich die Frage, was überhaupt in die Nabucco-Pipeline eingespeist werden soll. Faymann räumte ein, dass man noch nicht weiß, welches Gas in Nabucco eingespeist werden soll.

Putin kritisierte Unabhängigkeitsbestrebungen von russischem Gas. "Wozu braucht man das (Unabhängigkeitsbestrebungen von russischem Gas, Anm.)?", so Putin. Weltweit gebe es nicht so viele Gasvorräte wie in Russland. Russland könne die Gasinteressen vieler Abnehmer "auf Jahre hinaus befriedigen".

Der Seeabschnitt des russischen Nord-Stream-Projekts sei laut Putin bereits gestartet worden, das Gas-Projekt im Schwarzmeerraum solle "schnell" eingeleitet werden. Putin sprach von einer Steigerung des Erdgasvolumens von Russland nach Österreich durch South Stream von zwei Mrd. Kubikmetern. Aus Kreisen würde ergänzt, dass dieses Volumen noch Verhandlungssache sei.

"Die Situation (der Energiesicherheit, Anm.) hat sich aus vielen Gründen gebessert", sagte Faymann in Anspielung auf den Gaslieferstreit zwischen Russland und der Ukraine im Jänner 2009, der inzwischen beigelegt wurde.

Wirtschaftskrise Hauptthema bei Gespräch Faymann-Putin

Zudem erörterten Faymann und Putin in ihrem etwa halbstündigen Gespräch nach eigenen Angaben die Herausforderungen der Wirtschaftskrise und wie diese bewältigt werden könne. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Russland sollten laut Putin diversifiziert werden. Der Warenumsatz zwischen Österreich und Russland sei 2009 auf vier Mrd. Dollar zurückgegangen, allerdings habe es 1,5 Mrd. Dollar österreichische Direktinvestitionen in Russland gegeben.

"Ich betrachte die (bilateralen) Wirtschaftsbeziehungen positiv", sagte Putin. Knapp 2.000 österreichische Unternehmen seien in Russland aktiv. Es gelte laut Putin die Kooperation im Maschinen- und Anlagenbau zu vertiefen und auch die Zusammenarbeit im Hochtechnologiebereich auszubauen. Die Olympia-Vorbereitungen für Sotschi eröffneten auch Chancen für österreichische Bauunternehmen, so Putin.

Die Frage der Verlängerung der russischen Breitspurbahn nach Österreich sowie die Frage der Visa-Liberalisierung wollten Putin und Faymann im Anschluss an die Pressekonferenz bei einem Arbeitsmittagessen besprechen. 

Putin bei Fischer

Am Samstagnachmittag traf Putin in der Wiener Präsidentschaftskanzlei auch mit Bundespräsident Heinz Fischer zusammen. Bei dem Gespräch ging es vor allem um wirtschaftliche Fragen, wie Bruno Aigner, der Sprecher des Bundespräsidenten, berichtete. Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen hätten sich demnach in "letzter Zeit positiv entwickelt", und das trotz der Wirtschaftskrise.

Eine österreichisch-russische Wirtschaftskommission wird sich den Angaben zufolge Ende Mai in Sotschi treffen und eine weitere Kooperation im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele in Sotschi und eine Beteiligung österreichischer Unternehmen besprechen. Bei der Unterredung zwischen Fischer und Putin seien die "sehr guten bilateralen Beziehungen" betont worden, sagte Aigner. Auch der "hohe Stellenwert" des am heutigen Samstag geschlossenen South-Stream-Regierungsabkommens für die Energieversorgung Österreichs und Europas sei Thema gewesen.

Ob das Gasprojekt South Stream eine Konkurrenz zur geplanten Nabucco-Pipeline sei, sei keine Beurteilung vorgenommen worden. Auch die Themen Zentralasien und Kirgistan wurden bei dem Gespräch von Fischer und Putin thematisiert.

Der russische Premier wird am Nachmittag auch die im Dusika-Stadion stattfindenden Judo-Europameisterschaft besuchen. Putin ist Träger des Schwarzen Gürtels und Ehrenpräsident der Europäischen Judounion. Am Sonntag will der russische Premier nach Italien weiterreisen. (APA)