Wien - "Scheißtschuschen", "Kanaken", "Schleich dich aus Österreich" - so soll Tuncay Caliskan, der bei den olympischen Spielen 2000 für Österreich den vierten Platz in Taekwondo erreicht hat, im November 2006 von Wiener Polizisten in einem Wachzimmer beschimpft worden sein. Seine Anzeige wegen gefährlicher Drohung wollte man allerdings nicht aufnehmen. Daher standen am Dienstag fünf Beamte wegen Amtsmissbrauchs vor dem Landesgericht - wo einer von ihnen die Beleidigungen bestätigte.

"Von Haus aus negativ eingestellt"

Der 40-jährige Beamte, dem als Einzigem nicht vorgeworfen wurde, verbal ausfällig geworden zu sein, erklärte, der Sportler sei den Uniformierten nicht aggressiv begegnet. Dennoch sei einer seiner Kollegen dem 32-Jährigen gegenüber "von Haus aus negativ eingestellt gewesen". Der Kollege habe "Worte verwendet, die man Parteien gegenüber nicht sagen sollte" und sich "entschlossen, keine Amtshandlung zu führen, sondern den Herrn Caliskan zu beschimpfen". Angeblich wurde auch darüber debattiert, ein Beweismittel "wegzuschmeißen".

Die Vorgeschichte: Caliskan war mit seiner Frau auf der Suche nach einem Parkplatz durch Wien-Margareten gekurvt. Nach seiner Darstellung fuhr ihnen ein Unbekannter knapp auf, überholte sie schließlich und kam mit einem Baseballschläger auf sie zu. Er fuhr zu einer nahegelegenen Polizeiinspektion, der andere, bei dem dort später eine starke Alkoholisierung festgestellt worden sein soll, folgte ihnen. Die Personalien wurden zwar aufgenommen, der Baseballschläger abgenommen - doch anzeigen konnte Caliskan nicht. Stattdessen soll er beschimpft worden sein.

"Streithansl"

Die anderen Polizisten bestreiten das. Der mutmaßliche Haupttäter sagte, der Sportler sei "ein Streithansl" gewesen, er habe kein Delikt gesehen. Der Polizist ist übrigens in Frühpension - "wegen psychischer Belastung, weil mich das Ganze persönlich ziemlich reingezogen hat", sagte er.

Seitens der Wiener Polizei betont Johann Golob, Leiter der Pressestelle, man sei den Menschenrechten verpflichtet - wer sich nicht daran halte, habe die Konsequenzen zu ziehen. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. (APA, moe, DER STANDARD Printausgabe, 21.4.2010)