Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Yu

Auf den Philippinen wird mit einer genveränderten Reissorte experimentiert, die den unter Millionen asiatischer Kinder grassierenden Vitamin-A-Mangel beheben helfen soll. Ein Lokalaugenschein.

***

Es ist erstaunlich, wie prompt und wohlwollend die Besuchsanfrage beim International Rice Research Institute (IRRI) in Los Baños, sechzig Kilometer südlich der philippinischen Hauptstadt Manila, beantwortet wird: "Wenn Sie sich für genmanipulierten Golden Rice interessieren, sind Sie hier richtig" , schreibt die PR-Dame des Instituts.

Auf ersten Blick also keine Spur von Geheimniskrämerei oder gar Vertuschung. Gut: IRRI ist auch keine Firma, die mit Biotechnologie Geld verdient, sondern ein öffentliches Institut, das "den Hunger und die Armut in der Welt verringern will" .

Beim Golden Rice handelt es sich um eine Sorte, die ein Team um den deutschen Biotechnologen Ingo Portrykus entwickelt hat. Dem Reis wurden zwei Gene eingepflanzt, die Beta-Karotin bilden. Beta-Karotin kann vom Körper in Vitamin A umgewandelt werden, ein essenzielles Vitamin, das für die Sehkraft, den Knochenwuchs, die Widerstandsfähigkeit der Haut und noch viel mehr verantwortlich ist. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit 120 Millionen Kinder an Vitamin-A-Mangel, meist in Ländern, wo Reis Hauptnahrungsmittel ist.

Nicht nur Vorzüge

Nun könnte man meinen, dass der Gen-Reis wirklich nur Vorzüge hat und als Mittel gegen die in Asien grassierende Vitamin-A-Insuffizienz taugt. "Wir sind absolut und entschieden gegen Golden Rice" , sagt dazu Chito Medina, Direktor von MASIPAG, einer Organisation von Bauern, Wissenschaftern und NGOs, deren Hauptquartier sich ebenfalls in Los Baños befindet. "Wir leben in tropischem Klima. Vitamin A ist in der üppigen Vegetation reichlich vorhanden." Das Problem sei, dass Vitamin A fettlöslich ist und arme Bauern kaum Zugang zu Proteinen und Fett haben. Das würde sich auch mit Golden Rice nicht ändern.

Dazu und zu der Frage, warum man den Reis nicht einfach mit Vitamin A anreichere - wie das etwa mit Jod im Salz schon lange üblich ist -, erklärt Gerard Barry, gebürtiger Ire und Koordinator des Golden Rice Network: "Es geht hier nicht um Menschen, die Zugang zu einem Fertigprodukt haben, sondern um solche, die ihren Reis selbst anbauen. Wie wollen Sie den anreichern?"

"Schon klar", entgegnet MASIPAG-Mann Medina, "trotzdem verstehen wir nicht, wie eine weitere Vitamin-A-Quelle die Probleme der Bauern lösen sollte." Was diesen fehle, sei eine ausgewogene Ernährung. "Und so viel Reis, wie man braucht, um den Bedarf an Vitamin A zu decken, stünde ihnen auch mit Golden Rice nicht zur Verfügung."

Der nächste Wissenschafter im imposanten, modernen Areal von IRRI ist Julian A. Lapitan, der die Beziehungen des Instituts nach außen organisiert. Im Gegensatz zu Barry hat er keine Probleme, über die Vor- und Nachteile von Genmanipulation zu sprechen. Er begrüßt sogar die Aktion von MASIPAG, die "zu fabelhaften Resultaten mit traditionellen, biologisch angepflanzten Reissorten" geführt habe. Zur Kritik an seinem Institut meint er: "Ich denke nicht, dass man den Hunger in der Welt mit biologischer Landwirtschaft und traditionellen Sorten bekämpfen kann." (Georg Desrues aus Manila, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.4.2010)