Foto: Der STANDARD/Paramount

Ein Szenario, wie es schlimmer nicht sein könnte, hat sich US-Regisseur Jon Amiel für seinen Sciencefiction-Film The Core ausgedacht: Aus unerfindlichen Gründen rotiert der innere Erdkern nicht mehr. Die elektromagnetischen Felder des Planeten geraten dadurch außer Selbstkontrolle, ungefilterte kosmische Strahlen dringen aus dem Erdinneren. Ihre ungeheure Hitze bringt sogar ein die Golden Gate Bridge zum Schmelzen.

Könnte sich ähnlich Verheerendes auch abseits der Filmleinwand in Wirklichkeit abspielen? Norbert Span, Geophysiker der Tiroler Zukunftsstiftung, meint gegenüber dem STANDARD, eine Verschiebung der Erdmagnetfelder "kann schon passieren". Immerhin gab es im Laufe der Erdgeschichte bereits mehrmals Schwankungen in der Rotation, so genannte "Feldumklappungen". Dann verändere sich auch das Magnetfeld.

Auch Gerald Duma von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik bestätigt, dass sich das Magnetfeld der Erde verschoben hat: "In den letzten fünf Millionen Jahren gab es vier Hauptepochen, in denen sich das Erdmagnetfeld umgekehrt hat. Dazwischen kam es zu mehreren kurzzeitige Feldumklappungen, die einige Tausend bis Hunderttausende Jahre dauerten."

Schleichende Wirkung

Die Katastrophe in The Core ist dennoch aus der Luft gegriffen: Selbst die vergleichsweise schnellen Änderungen ereigneten sich in ausgedehnten Zeiträumen und hätten keinen plötzlichen Katastrophencharakter, meint Duma.

Sollte es dennoch - gegen jedes bessere Wissen - zum Stillstand kommen, würde die Erde natürlich nicht wie im Film verglühen. Zwar wäre ein solches Ereignis "mit Sicherheit das Ende der Welt", bestätigt Gerold Duma. Allerdings käme es eher, mutmaßt Span, zu einer "schleichenden Auslöschung allen Lebens". Die durch kosmische Höhenstrahlungen ausgelöste Veränderung im Erbgut führt in der Folge eher zu Leukämien und anderen Krebserkrankungen als zum "Supergewitter" über Rom.

In The Core macht sich eine Gruppe von Wissenschaftern auf den von Jules Verne bereits erprobten Weg zum Mittelpunkt der Erde. In einem regenwurmähnlichen Fahrzeug arbeitet sich das Team durch sämtliche Schichten der Erde (siehe Grafik).

"Unmöglich", meint Span: "Man müsste sich 30 Kilometer durch die vergleichsweise bröckelige Erdkruste bohren. Die tiefste Bohrung im Moment liegt bei zwölf Kilometern." In 3000 bis 5000 Kilometern Tiefe herrsche ein unvorstellbarer Druck. Die Temperatur beträgt bis zu 6000 Grad Celsius. "Dem hält kein Fahrzeug stand." Das Urteil der Wissenschaft zu The Core fällt dennoch milde aus. Duma: "Man kann sich alles ausdenken, Fantasien entwerfen. Märchenerzähler machen das auch." (Doris Priesching/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 4. 2003)