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USA drohen Syrien

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Grafik: APA

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Der Syrische Präsident Bashar al-Assad.

Foto: REUTERS/Khaled al-Hariri
montage: derStandard.at

Washington/London - Die USA haben Syrien als "Schurkenstaat" bezeichnet und prüfen diplomatische und wirtschaftliche Schritte gegen das Nachbarland des Iraks. "Syrien ist in der Tat ein Schurkenstaat", sagte der Sprecher von US-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer, am Montag.

Fleischer: Syrien verfügt über Sarin

Fleischer forderte Syrien erneut zur Zusammenarbeit mit den USA auf. "Für das irakische Volk gibt es eine neue Morgendämmerung, die Morgendämmerung der Freiheit, und ich denke, Syrien muss sich in Bezug auf sein Verhalten seiner Verantwortung bewusst werden." Er warf Syrien vor, sich im vergangenen Jahr im Ausland um Materialien für chemische Waffen bemüht zu haben. Das Land verfüge bereits über Bestände des Nervengases Sarin, wolle aber offenbar mehr chemische Kampfstoffe herstellen.

Außenminister Colin Powell forderte die Führung in Damaskus auf, ihre Haltung zu überprüfen. Die USA haben Syrien davor gewarnt, Mitgliedern der entmachteten irakischen Regierung Unterschlupf zu gewähren.

Vorwurf der Unterstützung terroristischer Aktitiväten

"In Bezug auf Syrien werden wir natürlich mögliche Maßnahmen diplomatischer, wirtschaftlicher oder anderer Art prüfen", sagte Powell in Washington. "Im Lichte dieser neuen Umgebung sollten sie (Syrien) ihr Vorgehen und ihr Verhalten prüfen, nicht nur in Bezug darauf, wer Zuflucht in Syrien erhält, und auf Massenvernichtungswaffen, sondern insbesondere auf die Unterstützung terroristischer Aktivitäten", fügte er hinzu.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warf Syrien vor, in den vergangenen zwölf bis 15 Monaten chemische Waffen getestet zu haben. Zudem habe das Land Irakern die Flucht nach Syrien und in einigen Fällen die Weiterreise gestattet. Er machte keine Angaben darüber, um welche Iraker es sich dabei gehandelt haben soll. Syrien habe auch Kämpfer in den Irak einreisen lassen, sagte Rumsfeld. Bush und Rumsfeld fordern Syrien zur Zusammenarbeit auf

Bereits US-Präsident George W. Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatten die Regierung in Damaskus aufgefordert, mit Washington zusammenzuarbeiten und der irakischen Führung nicht Unterschlupf zu gewähren. Bush erklärte in Washington, die USA vermuteten Chemiewaffen in Syrien. Auf die Frage, ob die US-Vorwürfe gegen Syrien zu einem Krieg führen könnten, antwortete der US-Präsident klar: "Wir sind nun hier im Irak. Und als zweiten Punkt erwarten wir Zusammenarbeit von Syrien. Und ich bin zuversichtlich, dass wir Zusammenarbeit erhalten."

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, sollte sich Saddam in Syrien aufhalten, würde das Land "einen noch größeren Fehler" begangen haben, und "die syrische Regierung macht eine Menge böser Fehler". Zudem hätten sich an den Kämpfen im Irak aufseiten der irakischen Verbände vor allem auch freiwillige syrische Kämpfer beteiligt, meinte Rumsfeld.

Verweis auf Israel

Syrien wies alle Vorwürfe zurück. "Natürlich hat Syrien keine Chemiewaffen", sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Damaskus. "Ich möchte aber anmerken, dass es biologische, chemische und atomare Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten gibt. Sie sind in Israel, nicht in Syrien", betonte Außenamtssprecherin Buthaina Shaaban.

Die Türkei warnte die USA eindringlich, nach dem Irakkrieg andere Staaten in der Region wie Syrien oder den Iran ins Visier zu nehmen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen müssten auf den Irak beschränkt bleiben und dürften nicht auf andere Länder ausgeweitet werden, so der türkische Außenminister Abdullah Gül in Ankara.

Äußerungen aus Washington, in denen die Möglichkeit neuer Konflikte mit Damaskus oder Teheran angedeutet würden, seien "sehr beunruhigend", erklärte Gül nach einem Gespräch mit dem israelischen Außenminister Silvan Shalom.

Der israelische Verteidigungsminister Shaul Mofaz verlangte hingegen von Syrien, die Führer palästinensischer Extremistengruppen auszuweisen und die Bedrohung Israels durch die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah zu beenden.

"Spiel mit dem Feuer"

Die Syrer spielten "mit dem Feuer", warnte Mofaz. Die US- Regierung habe Damaskus "eine gelbe Karte gezeigt". Israel werde die amerikanischen Anstrengungen mittragen, um "die syrische Unterstützung für den Terrorismus zu stoppen". "Wir haben eine lange Liste von Forderungen, die wir den Syrern vorlegen werden", sagte Mofaz.

Der Verteidigungsminister wies darauf hin, dass radikalen Palästinenserorganisationen PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas), DFLP (Demokratische Front für die Befreiung Palästinas), PFLP- GC (Volksfront für die Befreiung Palästinas/Generalkommando), Saika sowie eine Fatah-Dissidentengruppe um Oberst Abu Musa ihre Hauptquartiere in Damaskus haben.

Auch Großbritannien warf Syrien laut Verteidigungsminister Geoff Hoon eine Zusammenarbeit mit Saddam Hussein vor und warnte Damaskus davor, ihm Asyl zu gewähren. Saddams Halbbruder Wathban Ibrahim Hassan wurde von US-Truppen gefangen genommen, als er nach Syrien flüchten wollte.

"Es gibt jede Menge Beweise für eine Kooperation zwischen der syrischen Regierung und dem Saddam-Regime in den vergangenen Monaten", unterstrich der britische Außenminister Jack Straw, obwohl er zuvor erklärt hatte, Großbritannien und die USA hätten nicht die Absicht, nach dem Irak auch Syrien anzugreifen. "Es ist wichtig, dass sich Syrien nach dem Ende des Saddam- Regimes die neue Realität bewusst macht", sagte Straw in Kuwait-Stadt, der zweiten Station einer Reise durch verschiedene Golfstaaten.

Der außenpolitische EU-Beauftragte Javier Solana rief die USA zur Mäßigung auf. Washington solle die Situation nach dem Irakkrieg nicht weiter anheizen. Angesichts der gegenwärtigen "schwierigen Momente" in der Region wäre eine Beruhigung durch konstruktive Schritte ratsam.

Terrorkontakte

Das US-Nachrichtenmagazin Time meldet in seiner neuen Ausgabe, Syrien beherberge einen gesuchten Extremisten aus dem Umfeld des Terrornetzwerks Al-Kaida. Der in Tunesien geborene Mullah Abderazzek habe von Jänner bis nach Beginn des Irakkriegs mehrfach über ein Satellitentelefon von Syrien aus mit einer mutmaßlichen Terrorzelle in Mailand Kontakt aufgenommen. (red/DER STANDARD, Printausgabe,15.4.2003/Reuters/red)