Wien - Das unbeirrte Festhalten von Bundeskanzler ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel an der geplanten Pensionsreform scheint den Arbeitnehmerflügel der Partei nicht allzu sehr zu beeindrucken. ÖAAB-Generalsekretär Walter Tancsits hat jedenfalls am Samstag neuerlich "dringend notwendige Änderungen" eingefordert. Auch die SPÖ bleibt bei ihrem Kurs und erneuert ihr Angebot an die Bundesregierung: Wenn diese den Entwurf zurückzieht, und die Sozialpartner in Verhandlungen einbindet, werde sie im Gegenzug im Nationalrat für eine zwei-Drittel-Mehrheit bei der Abstimmung sorgen.

Unmissverständlich hatte Schüssel Freitagabend im ORF-Fernsehen klargemacht, wohin der Zug fährt: die Eckpfeiler der Pensionsreform müssten bleiben, der Entwurf werde nicht zurück gezogen, vorstellbar seien lediglich "punktuelle" Änderungen, etwa bei der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten.

Dessen ungeachtet will der ÖAAB verschiedene Details der Reformvorhaben nicht akzeptieren: "Es kann nicht angehen, dass die Änderungen bei den Steigerungsbeträgen dazu führen, dass man unter gleichen Voraussetzungen, nur einen Tag nach dem Stichtag, um zehn Prozent weniger Pension bekommt. Hier wird man sich Einschleifregelungen überlegen müssen", forderte Tancsits. Auch der Vertrauensschutz sei eine zentrale Forderung der schwarzen Arbeitnehmer. Grundsätzlich müsste es möglich sein, die notwendigen Maßnahmen - längere Lebensarbeitszeit, harmonisierte Systeme und längere Durchrechnungszeiten - so zu gestalten, "dass die Menschen die Reform mittragen und nicht alle dagegen aufgebracht werden".

SPÖ wirft Schüssel "trotziges Verhalten" vor

Kritik an den Kritikern kommt aus der Steiermark. Wirtschafts- und Finanzlandesrat Herbert Paierl (V) unterstützt die Haltung Schüssels. Er meint, es dürfe zu keiner Änderung der Regierungspläne kommen. Noch nie sei der Zeitpunkt so günstig gewesen sei, "wirkliche, große Reformvorhaben durchzusetzen".

Die Geschäftsführerin der SPÖ, Doris Bures, hat Schüssel Sturheit und "trotziges Festhalten" am "verunglückten" Entwurf zur Pensionsreform vorgeworfen. Dennoch erneuern die Sozialdemokraten ihr Angebot an ÖVP und FPÖ: "Wenn die Regierung ihren Entwurf zurückzieht und einen breiten Dialog über die Pensionsreform unter Einbindung der Sozialpartner einleitet, ist die SPÖ bereit, im Nationalrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu ermöglichen".

Der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa hat vor drei Tagen ein heikles Thema angesprochen. Er will "gravierende Eingriffe" in die Politikerpensionen, "selbstverständlich" auch in bestehende Ansprüche. "Die Politiker müssen sich doppelt so viel zumuten wie den Bürgern", hatte er deponiert. Dafür bekam er heute eine deutliche Abfuhr vom ehemaligen Innenminister und SPÖ-Mandatar Franz Löschnak: Dieser hält seine Politikerpension von etwa monatlich 13.000 Euro brutto (7.000 netto) für "angemessen" nach 18 Jahren in der Regierung. Die van Staa-Forderung ist für Löschnak "unerklärlich, eines aktiven Landeshauptmannes unwürdig", dieser würde damit den Rechtsstaat verlassen. Konter des Grünen Sozialsprechers Karl Öllinger: Löschnaks Aussage zeige, wie sehr Politiker die Bodenhaftung bereits verloren hätten. (APA)