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Das Umfeld er Gäste wird im Forschungsrestaurant geschickt manipuliert.

Foto: APA/Thomas Kienzle

Wageningen - "Bitte nicht stören - Forschung!" - Wenn auf der Universität Wageningen in den Niederlanden die Türen der Labors geschlossen werden, wird dahinter gegessen, verkostet und probiert. Gegessen, verkostet und probiert im Namen der Wissenschaft - auf dem Universitätsgelände und im angrenzenden "Restaurant der Zukunft" wird das Essverhalten der Menschen erforscht.

Wer isst was, wann und warum? Warum wählen Männer ihre Speisen rasch aus, während Frauen länger gustieren? Das Projekt an der Universität in Wageningen ist einzigartig in Europa und soll der Lebensmittelindustrie und der Restaurantbranche neue Erkenntnisse bringen. "Wir wollen das Verhalten der Konsumenten verstehen", sagte einer der Wissenschafter, Dick Stegeman. Etwa wie der Speisesaal für ältere Leute auszusehen hat, wie man die Menschen dazu bringen kann, sich gesund zu ernähren oder warum die Leute zu essen beginnen oder damit aufhören.

Körper und Geist

In den High Tech-Labors werden die unmittelbaren Reaktionen der einzelnen Probanden beim Essen untersucht. Im "Mind Lab" und "Body Lab" wird das Gehirn beobachtet, wie es auf einen bestimmten Geruch oder Geschmack reagiert. Wie im Zahnarztstuhl sitzt der Proband vor mehreren Schläuchen, die zunächst einen Duft versprühen und dann eine Flüssigkeit verabreichen. "Wir untersuchen den Effekt der beiden Stoffe aufeinander", so Stegeman. "Wie lange lässt der Proband die Flüssigkeit im Mund und wie reagiert das Gehirn darauf."

Im "Oral Lab" wiederum wird mittels Elektroden auf Gesicht und Zunge der Testpersonen die Reaktion beim Essen beobachtet. Wie verändern sich die Gesichtsmuskeln und die Geschmacksknospen durch die verabreichten Nahrungsmittel? Einfluss auf das Essverhalten durch Licht, Farben, Geräusche oder Gerüche wird etwa im "Experience Lab" untersucht.

Forschung im Restaurant

Diese Einflüsse werden im angrenzenden "Restaurant der Zukunft" erprobt, ohne dass es die Probanden merken. Wie in jeder anderen europäischen Kantine kommen Universitätsangehörige, um ihr Essen zu sich zu nehmen. Schwammerlsauce mit Reis, Fischweckerln, Nudelsalat, Gemüsesuppe oder Erdbeerjoghurt sind angerichtet. Die Besucher wählen ihre Speisen, gehen zur Kassa und setzen sich in den Speisesaal.

Nichts lässt auf die wissenschaftliche Arbeit deuten. Doch der Schein trügt. Ein Blick an die Decke des Raumes zeigt dutzende Kameras, die jeden Winkel des Raumes erfassen. Jede Bewegung, jeder Bissen und jeder Schluck der Besucher wird aufgenommen. Vor der Kassa befindet sich eine versteckte Waage, die Gewicht und Body Mass Index der Gäste misst. Sensoren in den Stühlen tasten die Herzfrequenz ab. Drei der insgesamt 20 Mitarbeiter überwachen über Monitore im Kontrollraum den Speisesaal.

Essen unter Beobachtung

Die Leiter des Forschungsrestaurants können das Umfeld der Probanden manipulieren. Kleinere Teller lassen glauben, dass man mehr gegessen hat. Kaffee in roten Tassen wird als stärker empfunden als in weißen. Süße Düfte machen Lust auf Nachspeisen. Grünes Licht etwa regt die Lust auf Gemüse und Obst. Und bei rotem Licht wird mehr und langsamer gegessen.

"Jeder kann zu uns kommen und in der Kantine essen", so Stegeman. Jeder Proband müsse aber unterschreiben, dass er damit einverstanden ist, dass er beim Besuch zu wissenschaftlichen Zwecken beobachtet wird. Die Gefahr, dass sich die Probanden anders benehmen als sonst, weil sie wissen, dass sie gefilmt werden, besteht laut Stegeman nicht: "Sie bohren auch hier in der Nase." (APA)