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Von einer Befristung betroffen werden zunächst alle neu ausgestellten Führerscheine sein. Unbefristete alte Lenkberechtigungen gelten bis 2032, dann endet die Übergangsphase.

Foto: APA/BARBARA GINDL

Wien - Bis Jahresende hat der österreichische Gesetzgeber Zeit zu entscheiden, ob es für Führerschein-Besitzer künftig verpflichtende Gesundheitschecks geben soll oder nicht und auf wie lange Führerscheine befristet werden. Dass es Befristungen geben wird, ist hingegen sicher: Die EU schreibt den Mitgliedsstaaten vor, künftig Führerscheine - je nach Entscheidung des jeweiligen Staates - auf zehn oder 15 Jahre zu befristen.

Offen lässt die Union den Mitgliedsländern die Einführung von Gesundheitschecks. Ob sich Österreich dafür aussprechen wird, ließ das Verkehrsministerium vorerst unbeantwortet. So wäre es auch möglich, die Gültigkeitsdauer der Lenkerberechtigungen erst ab dem Alter von 50 Jahren zu befristen. Bis spätestens 20. Jänner 2011 muss die neue EU-Führerscheinrichtlinie in nationales Recht umgesetzt sein.

Zunächst alle neue ausgestellten Führerschein betroffen

Von einer Befristung betroffen werden laut ÖAMTC-Juristin Ursula Zelenka zunächst alle neu ausgestellten Scheine sein. Unbefristete alte Lenkberechtigungen gelten bis 2032, dann endet die Übergangsphase. Ziel der EU-Richtlinie ist, dass es EU-weit nur ein einziges Führerscheinmodell - derzeit gibt es in der EU über 100 - geben soll. Außerdem soll durch ein einheitliches System Fälschungssicherheit gewährleistet werden.

Änderungen wird es dadurch u.a. auch für Moped und Microcar-Fahrer geben: Für sie gibt es mit dem Inkrafttreten ab 2013 eine eigene Führerscheinklasse. Die EU-Richtlinie sieht außerdem einen stufenweisen Zugang zum Lenken schwerer Motorräder mit insgesamt vier Führerscheinklassen vor.

Diskussion um Gesundheits-Check

Hinsichtlich der noch offenen Frage nach Gesundheits-Check bezieht der Wiener Führerschein-Sachverständige Reinhard Fous eine klare Position: "Ich bin dafür, ab Erwerb des Führerscheins, alle zehn Jahre eine ärztliche Untersuchung einzuführen." Das Alter sei für ihn kein Kriterium. "Es kann von der Lebensgeschichte her auch ein 17-Jähriger 'alt' sein, und ein 80-Jähriger noch sportlich und vital", meinte Fous.

Davor, dass mit der Einführung von Gesundheits-Checks schlagartig allen älteren und somit meistens häufiger kranken Personen der Führerschein abgenommen wird, müsse sich niemand fürchten. "Man muss den Führerschein nicht gleich entziehen, es reicht oft nur, den Zucker einzustellen, dann ist der Betroffene wieder fahrtauglich", erläuterte der Mediziner. "Mit 200 Blutdruck kann man nicht Auto fahren." Bei einem Unfall trifft es meist nicht nur den Verursacher selber, "sondern man nimmt jemanden Unschuldigen mit". Erkrankungen lassen sich korrigieren, "einen grauen Star kann ich operieren, Zucker oder den Blutdruck einstellen lassen." Politisch sei das Thema dennoch unpopulär. Die Kosten von 25,40 Euro für einen Gesundheitstest seien kein Gegenargument.

"Wissen zu wenig über Unfallursachen von Senioren"

Für die Entscheidung, ob Gesundheits-Checks ja oder nein, gibt es laut Armin Kaltenegger, dem Leiter des Rechtsbüros beim Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV), zu wenig wissenschaftlich fundierte Grundlagen. "Wir wissen zum Beispiel zu wenig über Unfallursachen von Senioren", sagte der Jurist. Aus diesem Grund sei es schwierig Position zu beziehen. "Wir wollen jene Lösung, die den größten Impact auf die Verkehrssicherheit hat", sagte er. "Es ist fünf vor zwölf", man müsse Überlegungen machen, in welche Richtung es gehen soll.

"Keine unkontrollierten Raketen"

Alte Menschen im Straßenverkehr "sind keine unkontrollierten Raketen, die auf einen zukommen", erklärte indessen der frühere Innenminister und heutige SPÖ-Seniorenchef Karl Blecha im Rahmen eines Symposiums, das die Ärztlichen Kraftfahrvereinigung Österreichs (ÄKVÖ) gemeinsam mit dem ÖAMTC zum Thema "Mobilität im Alter" am Mittwoch in Wien veranstaltete. Blecha glaubt, dass Ältere kooperativer, vorsichtiger und weniger aggressiv unterwegs seien. Ein Befristung von Führerscheinen ab einem bestimmten Alter sei für ihn eine Form der Altersdiskriminierung.

Für regelmäßige Gesundheits-Checks spreche laut Blecha vieles, "aber nicht eingegrenzt auf eine bestimmte Altersgruppe". Maßnahmen dürften nicht dazu führen, Ältere vom Kraftfahrzeug fernzuhalten. "Alter ist kein Unfallrisiko", betonte er. Der Führerschein sei für viele alte Menschen ein Beweis der Selbstbestimmung, der Wertschätzung - auch dann, wenn der Schein gar nicht mehr benutzt wird. Der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr solle gefördert werden, aber ohne Kraftfahrzeuge für Ältere zu verbieten.

Psychologe gegen Sonderregelungen für bestimmte Altersgruppen

Strikt gegen Sonderregelungen für bestimmte Altersgruppen sprach sich der deutsche Psychologe Oswald Wolf aus. Europäer leben in einer Gesellschaft, in der "jeder ärztlich weitgehend versorgt ist", sagte er. "Wir sind nicht irgendwo in Afrika". Jeder habe seinen Hausarzt oder Angehörige, die regulierend eingreifen, meinte er. Regelmäßige Gesundenuntersuchungen bringen seiner Ansicht nach "in der Regel nichts". Das belegten auch europäische Vergleichsstudien. Das, was vom Arzt untersucht würde, hätte keinen realen Zusammenhang mit den tatsächlichen Unfallursachen im Straßenverkehr.

Der ÖAMTC sieht keinen Grund derartige medizinische Überprüfungen einzuführen. "Weder bei älteren noch bei jüngeren Fahrzeuglenkern", sagte Chefjurist Hugo Haupfleisch. Viel eher tritt der Club für die Eigenverantwortung der Lenker ein. Ältere Autofahrer würden durch ihre Verkehrserfahrung und ihr Verantwortungsbewusstsein körperliche Mängel gut ausgleichen können. (APA/red)