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Rosenkranz wirkte bei ihrem ORF-Auftritt oft wie eine Lehrerin.

Foto: APA/ORF/MILENKO BADZIC

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Schnell verstrickte sich Gehring in der "Pressestunde" in Widersprüche.

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Barbara Rosenkranz

Barbara Rosenkranz startete in die ORF-Pressestunde mit auffallend passiver Körperhaltung: betont zurückgelehnt, Sessel wippend, die Hände im Schoß gefaltet und anfangs leise antwortend. Die FPÖ-Politikerin leistete zu Beginn des TV-Interviews weniger Überzeugungs- als kräftige Abwehrarbeit.

Als routinierte Politikerin fiel es ihr leicht, schwierige Fragen zu ihrem Vorteil umzudrehen. Gerade beim Thema, ob es zu wenig Rosenkranz-Plakate gab, die ihren Wahlkampf unterstützen, glich die Antwort einem Slalom. H.-C. Strache war spürbar unsichtbarer Gast im Studio. Unglückliche Formulierungen verrieten das Unbehagen der Kandidatin. Ausgerechnet in Kärnten will sie zufriedenstellende Wahlunterstützung erlebt haben: "Eine Dichte, die schon überraschend dicht war."

Wer sich für das höchste Amt im Staate bewirbt, sollte wenigstens zwischendurch souverän klingen. Ob es strategisch schlau war, den Titelverteidiger zu kritisieren, ist fraglich. Fischer sei "ein Mann des Apparates", der zu oft stillhält. Sie möchte "das Amt des Bundespräsidenten mit Leben erfüllen". Wie dieses Leben konkret aussehen soll, erklärte sie nicht. Der Versuch mehr Farbe zu vermitteln, ist gescheitert. Weder zückte Rosenkranz optisch die Farbkarte, noch war ihr Wortschatz auffallend bunt oder ihre sprachlichen Bilder besonders üppig. Rosenkranz wirkte in manchen Einstellungen eher wie die mahnende Volksschullehrerin, die "im Interesse ihrer sechs Töchter" festhält: "Feminismus ist kein Wert."

Gelungen ist ihr sowohl die Positionierung ihres Buches MenschInnen, als auch aufzuzeigen, wo die Divergenz zwischen "politischer Klasse" und "Bevölkerungsmeinung besteht. Zudem möchte sie das Wort "Wahlfreiheit" geprägt haben: Im Zusammenhang mit Muttersein und wieder Arbeitengehen entstamme dieser Terminus - ihrer Recherche nach - den "Denkfabriken der FPÖ" Anfang der Neunziger.

Viele der Rosenkranz-Sätze sind voll mit diesen unkonkreten Platzhaltern wie beim Thema kirchlicher Kindesmissbrauch: "Es ist ganz sicher wichtig, dass man diese Verbrechen ganz besonders brandmarkt."

Mindestens vier Fragen ergeben sich allein aus einen FPÖ-Stehsatz wie diesem: 1. Wer oder was ist "es"? 2. In Bezug worauf ist was "ganz sicher wichtig"? 3. Wer ist "man"? und 4. Wie sieht eine Verbrechens-Brandmarkung à la Rosenkranz im gelebten Strafvollzug genau aus? All das blieb ungelöst.

Rudolf Gehring

Rudolf Gehring kam angeblich "gut gebetet" ins ORF-Zentrum und schwänzte zugunsten der Pressestunde-Zuseher den Besuch seiner Sonntagsmesse. Schnell verstrickte sich der medial sichtbar ungeübte Politiker im TV-Hearing um die Präsidentschaft in Widersprüche.

Immer wieder fühlte ihm Herbert Lackner (Profil) lächelnd auf den rhetorisch kariösen Zahn - etwa bei der Aussage, "er halte eine strenge Trennung von Kirche und Staat" ein. Dennoch soll Österreich auf jeden Fall "Gott in die Verfassung schreiben!" Überhaupt fände Gehring "Beten in der Öffentlichkeit" wünschenswert, vor allem im politischen Alltag. Jedem Ministerrat sein Vaterunser. Obgleich er geschichtliche Fragen verweigerte, setzte er auf ein Geschichts-Argument, das nicht mal rhetorisch witzig ist: "Raab und Figl haben öffentlich gebetet, und es hat geholfen." Innerhalb seiner sprachlichen Beweiskette legte der Christen-Politiker gerne noch einmal nach: "Österreich wurde frei! - Auch durch den Segen von oben."

Holprige Formulierungen pflasterten den verbalen Pilgerweg mit Gehring. Manchmal wurde es grotesk. Bei den Missbrauchsfällen verstieg er sich zu einem unfreiwilligen Bekenntnis: "Ich bin auch betroffen." Gemeint hat er wohl "die Thematik macht auch mich betroffen". Der Ex-ÖVPler, der mit sich zufrieden wirkte, konnte den verbalen Charme des Kommunalpolitikers nicht ganz abstreifen, obwohl er für das höchste Amt im Staate kandidiert.

Leicht purzeln ihm Stammtischsätze wie: "Da lade ich Sie ein ..." oder "Do bin i bei Ihnen" über die Lippen. Auch sprechtechnisch ist Gehring wohl nicht der Gewandteste. Natürlich decodieren wir in Österreich Worte wie "Badäh" blitzschnell als "Partei". Ob das die deutschsprechenden Nachbarn verstehen, wird erst nach der Angelobung ein Problem - sollte es dazu kommen.

Dass Namen und Funktionen ohne unbestimmten Artikel auskommen, ist beim ehemaligen Verwaltungsjuristen Gehring offenbar nicht verinnerlicht: "Man ist auch einem Papst gegenüber schuldig, gerecht zu sein."

Für Suggestivfragen à la "Finden Sie das nicht auch empörend..." war der CPÖ-Politiker ein leichtes Opfer. Mit rhetorischen Fallen muss er erst lernen umzugehen. Seine Sprache ist sehr Österreich-authentisch.

Für das bebaute Gebiet mag er auf manche hemdsärmelig und provinziell wirken. Er behält seine Grundfreundlichkeit und freut sich sichtlich über die nationale Bühne. Für viele wird er zwar nicht wählbar sein, aber unterhaltend ist Gehring allemal. (TATJANA LACKNER, DER STANDARD, Printausgabe, 13.4.2010)