Die Möglichkeit der Veröffentlichung von anonymen Online-Kommentaren bringt für Zeitungshäuser einige Probleme mit sich. Um zu verhindern, dass sich Leser hinter fiktiven User-Namen verstecken und ungeniert mit rüden Wortmeldungen um sich werfen können, wollen die großen US-Zeitungen künftig auf eine härtere Kommunikationspolitik setzen. Blätter wie die New York Times, Wahington Post oder Huffington Post prüfen derzeit verschiedene Ansätze, die die Anonymität der eigenen User-Community in Bezug auf Kommentare und Online-Foren deutlich einschränken sollen.

"Anonymität ist die Normalität, ist ein akzeptierter Teil des Internets", erklärt Adrianna Huffington, Gründerin der Huffington Post, in einem Beitrag der New York Times. Gleichzeitig stehe aber außer Frage, dass sich die Menschen hinter dieser Anonymität verstecken würden, um widerwärtige und kontroverse Kommentare abzulassen. Auf Seiten der Zeitungshäuser finde allerdings eine Art Weiterbildungsprozess statt, was den Umgang mit dieser Problematik betrifft. "Die Spielregeln ändern sich und das Internet wird erwachsener. Der Trend geht weg von der Anonymität", stellt Huffington klar.

Aufregung um denunzierten Anwalt

Angekurbelt wird die Debatte innerhalb der US-Zeitungslandschaft von einem aktuellen Zwischenfall bei der Clevelander Tageszeitung "The Plain Dealer". Dort hatten die Verantwortlichen nach der Veröffentlichung zahlreicher Kommentare, die einen lokalen Rechtsanwalt verunglimpften, entschieden, die wahre Identität des Absenders auszuforschen und preiszugeben. Doch nachdem sich herausstellte, dass es sich hierbei um einen Richter handelte, der einigen Fällen des Anwalts vorstand, klagte dieser die Zeitung wegen Verletzung der Privatsphäre.

Die Tageszeitung gab daraufhin offen zu, mit der Tradition gebrochen zu haben, die Kommentatoren das Verstecken hinter anonymen User-Namen ermöglicht. "Anonymität ist eine Gewohnheit, keine Garantie", so die Argumentation der "Plain Delaer"-Herausgeberin Susan Goldberg.

Online-Foren als Zufluchtsorte der Bosheit

Seit dem Bekanntwerden des Falles hat sich eine Vielzahl prominenter US-Medienstimmen in die Diskussion eingeschaltet. "Es ist ein unumstrittenes Faktum, dass Nachrichtenseiten Abstand von anonymen Kommentaren nehmen sollten", schreibt etwa Leonard Pitts Jr., Kolumnist beim Miami Herald. Die Anonymität habe dazu geführt, dass aus Online-Foren "Zufluchtsorte der Grausamkeit, Bigotterie, Gemeinheit und blanker Bosheit" geworden seien. (pte)